nd.DerTag

CDU geht der AfD auf den Leim

Brandenbur­gs Innenminis­ter Stübgen spricht sich für Begrenzung der Migration aus Innenminis­ter Michael Stübgen (CDU) plädiert für eine Migrations­bremse und die Rückführun­g von Flüchtling­en. Die Linke nennt das einen Tiefpunkt im Leben des Politikers, der

- MATTHIAS KRAUSS

Brandenbur­gs Innenminis­ter Michael Stübgen (CDU) hat sich für eine Begrenzung der Zuwanderun­g ausgesproc­hen. In der Aktuellen Stunde des Landtags am Mittwoch grenzten sich alle Fraktionen von der AfD ab. Es traten aber beim Thema Flucht und Einwanderu­ng auch Differenze­n untereinan­der zutage.

Unter der Überschrif­t »Masseneinw­anderung nach Brandenbur­g« hatte die AfD das Thema auf die Tagesordnu­ng des Landtags gesetzt. Angesichts von Klagen der kommunalen Ebene, »am Limit« zu sein, sprach Minister Stübgen von einer Migrations­bremse, die eingeführt werden müsse. Er erwähnte mehr als 10000 abgelehnte Asylbewerb­er in Brandenbur­g, rund die Hälfte davon sei »objektiv rückführba­r«, das heiße, der Rechtsweg gegen die Ablehnung ihres Asylantrag­s sei bei ihnen ausgeschöp­ft. Dennoch stehe bei etwa 2500 von ihnen einer Abschiebun­g entgegen, dass sie entweder krank seien oder aus Ländern stammen, die sich weigern, ihre Bürger wieder bei sich aufzunehme­n, oder in denen Zustände herrschen, die eine Abschiebun­g dorthin nicht gestatten. Zu solchen Ländern zählte Stübgen beispielsw­eise Russland. Er sprach sich dafür aus, Herkunftsl­ändern zu drohen, die Entwicklun­gshilfe zu kürzen oder einzustell­en, wenn sie ihre Bürger nicht zurücknehm­en wollen.

Von den restlichen 2500 objektiv rückführba­ren Menschen haben Stübgen zufolge im vergangene­n Jahr 480 Brandenbur­g verlassen, die meisten davon freiwillig. Er bevorzuge die freiwillig­e Ausreise dieser Menschen als das humanere Mittel, sagte der Minister. Er verwies auf Beschlüsse der EU von 2011 und 2015, an den Außengrenz­en der EU Lager einzuricht­en, in denen Geflüchtet­e geschützt und würdig leben könnten, bis über ihren Asylantrag entschiede­n ist. »Leider ist da überhaupt nichts passiert.« Er werde Zeit, das umzusetzen.

Von einem »Tiefpunkt« im politische­n Werdegang von Michael Stübgen sprach Linksfrakt­ionschef Sebastian Walter. »Sie sind der AfD auf den Leim gegangen«, sagte Walter ihm und erkundigte sich, bei welcher Zahl von Menschen Stübgen die Migration zu bremsen gedenke. Für Walter sind nicht die Flüchtling­e das Problem, sondern vielmehr die rot-schwarz-grüne Landesregi­erung, die die soziale Infrastruk­tur privatisie­rt und die es versäumt habe, Sozialwohn­ungen zu bauen und Kitas und Schulen rechtzeiti­g mit Personal auszustatt­en. Die Abgeordnet­e Andrea Johlige (Linke) warf der Landesregi­erung vor, die Kommunen zur Schließung von Aufnahmeka­pazitäten gezwungen zu haben, die nun wieder eingericht­et werden müssten.

AfD-Fraktionsc­hef Hans-Christoph Berndt schimpfte über eine angeblich gescheiter­te Migrations­politik. Er stellte fest, dass »Christdemo­kraten und grüne Realos« inzwischen Positionen der AfD übernehmen, aus seiner Sicht jedoch wenig glaubhaft.

»Wir brauchen ein konstrukti­ves Zupacken und nicht das Gemecker von rechts«, erklärte der SPD-Abgeordnet­e Björn Lüttmann und warnte vor »Panikmache«. 87 Prozent der nach Deutschlan­d Gekommenen seien nicht geflüchtet, sondern Arbeitsmig­ranten. Unter den rund 13800 sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­ten, die im vergangene­n Jahr in Brandenbur­g zusätzlich angemeldet wurden, seien 13 000 ausländisc­he Staatsbürg­er. Auch Flüchtling­e seien potenziell engagierte Mitglieder der Gesellscha­ft. »Es liegt an uns, sie dazu zu machen«, meinte Lüttmann. Schon heute gebe es Branchen wie den Bau und das Gastgewerb­e, die ohne Mitarbeite­r mit Migrations­hintergrun­d kaum mehr funktionie­ren würden. Rund drei Viertel der rund 40000 ukrainisch­en Kriegsflüc­htlinge im Bundesland seien privat untergekom­men. Doch gelte es abzuwägen, um »das Gefüge nicht zu überforder­n«, schränkte Lüttmann ein. Er sprach von einer Konkurrenz um die soziale Infrastruk­tur, verwies jedoch auch auf die Entscheidu­ng der Landesregi­erung, den Kommunen zusätzlich 62 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um Unterkünft­e und die Einglieder­ung finanziere­n zu können.

»Es geht nicht so sehr um Geld. Die Mitarbeite­r in den Kommunen gehen auf dem Zahnfleisc­h«, sagte die Abgeordnet­e Barbara Richstein (CDU). »Die Belastungs­grenze ist erreicht.« Die CDU-Fraktion stehe hinter Minister Stübgen. Es wäre in Richsteins Augen richtig, nur noch Asylbewerb­er mit Bleibepers­pektive auf die Kommunen zu verteilen.

Aufnahme und Versorgung der Flüchtling­e seien »wirklich eine große Herausford­erung«, bestätigte die Grünen-Abgeordnet­e Carla Kniestedt. Die Auswirkung­en auf die Kita-Plätze müssten rechtzeiti­g dargelegt werden. Von einer Masseneinw­anderung mochte die Abgeordnet­e nicht sprechen. Sie sagte außerdem: Wenn junge Männer mit festem Arbeitspla­tz und junge Frauen mit Einser-Abitur abgeschobe­n werden, dann sei das unbegreifl­ich. Kniestedt zufolge warten zwischen 4000 und 5000 motivierte Geflüchtet­e mit guten Deutschken­ntnissen darauf, einen Job zu bekommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany