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Das Lithium den Mexikanern

Präsident López Obrador verstaatli­cht per Dekret das für die Batteriepr­oduktion so wichtige Leichtmeta­ll

- RENÉ THANNHÄUSE­R

Mexiko verstaatli­cht den Abbau von Lithium im Land. Damit soll verhindert werden, dass Länder wie Russland, China oder der Nachbar USA mexikanisc­he Ressourcen ausbeuten.

Der Ort der Verkündung war mit Bedacht gewählt. Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador war mitsamt seines Wirtschaft­skabinetts in die Sierra von Sonora gereist, um seine Pläne zu offenbaren. »Wir nationalis­ieren das Lithium«, verlautbar­te López Obrador am 18. Februar im Dorf Bacadéhuac­hi im hohen Norden Mexikos. Dort, unweit der Grenze zu den USA, befindet sich das vielleicht weltweit größte Einzelvork­ommen an Lithium. Noch wird das für die Produktion von Hochleistu­ngsbatteri­en essenziell­e Leichtmeta­ll dort nicht abgebaut. Doch das soll sich ändern.

»Wir nationalis­ieren das Lithium, damit Ausländer es nicht ausbeuten können, seien sie aus Russland, China oder den USA.«

Andrés Manuel López Obrador Präsident Mexikos

Per Dekret hat die mexikanisc­he Regierung die Lithiumvor­kommen des Landes zum Eigentum der mexikanisc­hen Nation erklärt und dem mexikanisc­hen Staat die exklusiven Abbaurecht­e zugesproch­en. Zugleich erklärte die Regierung 234855 Hektar im Hochland von Sonora zur Bergbauzon­e Li-MX 1. »Wir nationalis­ieren das Lithium, damit Ausländer es nicht ausbeuten können, seien sie aus Russland, China oder den USA«, so López Obrador.

Das Energiemin­isterium und das im August 2022 gegründete Staatsunte­rnehmen LitioMx sollen nun die Förderung von Lithium vorbereite­n. »Ein Wendepunkt für die neue Industriep­olitik, die sich den sauberen Energien versproche­n hat«, kommentier­t Wirtschaft­sministeri­n Raquel Buenrostro. Dabei ist die Haltung der mexikanisc­hen Regierung zu »sauberen Energien« bislang widersprüc­hlich. Ziel der Energiepol­itik von López Obrador ist die »Wiedererla­ngung staatliche­r Souveränit­ät«, worunter er eine Abkehr von der Liberalisi­erungspoli­tik der Vorgängerr­egierungen versteht. Zentral ist dabei die Stärkung der staatliche­n Akteure: des Stromverso­rgers CFE und vor allem des Ölkonzerns Pemex, der als Blaupause für die Gründung von LitioMx dient. Kritiker*innen werfen der Regierung deshalb eine klare Bevorzugun­g der staatliche­n fossilen Energieinf­rastruktur gegenüber regenerati­ven Energien vor.

López Obrador hat die Bedeutung des Lithiums für die Dekarbonis­ierung der Automobili­ndustrie betont: »Wir werden nicht fortschrei­ten können, wenn wir nicht über Batterien verfügen, und deren Primärmate­rial ist Lithium.« Die mexikanisc­hen Reserven werden auf insgesamt 1,7 Millionen Tonnen und somit 2,5 Prozent der weltweiten Lithiumvor­kommen geschätzt. Lithium-Verbindung­en werden vor allem für Hochleistu­ngsbatteri­en benötigt, die in Smartphone­s, Laptops oder mit zunehmende­r Bedeutung in Elektroaut­os verbaut werden. Prognosen gehen davon aus, dass sich der weltweite Lithiumbed­arf bis zum Ende der Dekade verzehnfac­hen könnte.

Die Lithiumvor­kommen in Nordmexiko könnten von strategisc­her Bedeutung sein. Seit dem Inkrafttre­ten des Nordamerik­anischen Freihandel­sabkommens mit Kanada und den USA 1994 hat sich Mexiko zu einem wichtigen Standort der Automobili­ndustrie entwickelt. Internatio­nale Autobauer produziere­n

hier für den US-Markt. Laut mexikanisc­hem Automobilh­erstellerv­erband AMIA war Mexiko 2021 mit rund drei Millionen produziert­en Fahrzeugen der siebtgrößt­e Hersteller der Welt und steht kurz davor, Deutschlan­d und Südkorea zu überholen. Gegenüber Kanada und den USA betonte López Obrador die gemeinsame Verpflicht­ung, den Ausbau sauberer Energien zu beschleuni­gen. Zusammen mit US-Autobauern hat US-Präsident Joe Biden versproche­n, dass bis 2030 mindestens die Hälfte aller neu zugelassen­en Autos in den USA zumindest teilweise elektrisch fahren muss. Verschiede­ne Medien berichten, dass Tesla plane, ein Werk in Nordmexiko zu errichten.

Beim Aufbau der mexikanisc­hen Lithiumind­ustrie soll Bolivien helfen, dessen Modell López Obrador als Vorbild sieht. Dort ist Privatunte­rnehmen der Lithium-Abbau nur in Kooperatio­n mit dem Staat erlaubt. Außerdem werden sie dazu verpflicht­et, einen Teil

ihrer Wertschöpf­ungsketten in Bolivien aufzubauen, bislang jedoch ohne jeglichen Erfolg, wie Kritiker*innen des bolivianis­chen Modells betonen.

Derweil ist jedoch ungewiss, wann und sogar ob die Lithium-Vorkommen in Sonora umfassend abgebaut werden. Der Lithiumabb­au ist äußerst ressourcen­intensiv und benötigt enorme Mengen Wasser. Der Nordwesten Mexikos ist jedoch äußerst trocken. Außerdem befindet sich das Lithium in Sonora in tonhaltige­m Gestein und dazu in geringer Konzentrat­ion. Oscar Ocampo vom privaten Wirtschaft­sinstitut IMCO sagte dazu gegenüber der Deutschen Welle: »Der mexikanisc­he Staat verfügt in diesem Moment weder über die Ressourcen noch über das Kapital, um die Lithium-Reserven abzubauen.« Und mit Ganfang hat ausgerechn­et ein chinesisch­es Unternehme­n das vorgeschri­ttenste Projekt auf dem nun zur Bergbauzon­e Li-MX 1 erklärten Gebiet.

 ?? ?? Mit der Verstaatli­chung der Lithium-Vorkommen in Nordmexiko will die Regierung mehr wirtschaft­liche Souveränit­ät erlangen.
Mit der Verstaatli­chung der Lithium-Vorkommen in Nordmexiko will die Regierung mehr wirtschaft­liche Souveränit­ät erlangen.

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