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Weniger Geld für mehr Arbeit

Medientech­niker und Betriebsha­ndwerker an der FU fordern Lohngerech­tigkeit

- MARTEN BREHMER

Seit Jahren werden technische Beschäftig­te an der Freien Universitä­t Berlin immer niedriger eingruppie­rt. Eine Gruppe wendet sich jetzt mit einem offenen Brief an die Universitä­tsleitung.

Ohne sie würde an der Universitä­t wenig laufen: Medientech­niker und Betriebsha­ndwerker kümmern sich um Mikros und Projektore­n in Hörsälen, betreuen Videoaufna­hmen oder kümmern sich um die Heizungen und Belüftungs­systeme der riesigen Gebäude. An der Freien Universitä­t (FU) Berlin sieht sich eine Gruppe von Medientech­nikern und Betriebsha­ndwerkern für diese Arbeit nicht genügend gewürdigt. 32 Mitarbeite­r der Technische­n Abteilung wenden sich mit Unterstütz­ung der Verdi-Betriebsgr­uppe und des Personalra­ts mit einem offenen Brief an das Präsidium der FU. Sie prangern die Eingruppie­rungspraxi­s der Universitä­t an, die über Jahre die Medientech­niker und Handwerker immer niedriger eingestuft habe.

Laut Unterzeich­nern des offenen Briefs begann die schleichen­de Abwertung 2018.

Seitdem würden neu eingestell­te Handwerker nicht mehr in die Entgeltgru­ppe 7, sondern in Gruppe 6 oder 5 eingeordne­t. Je nach Berufserfa­hrung kann das einen Unterschie­d von rund 450 Euro ausmachen. Infolge der Eingruppie­rungspraxi­s seien heute nur noch wenig mehr als die Hälfte der Betriebsha­ndwerker in der höheren Gehaltsgru­ppe.

Eine ähnliche Entwicklun­g habe sich bei den Medientech­nikern vollzogen: Statt in der Entgeltgru­ppe 8, die jahrelang üblich gewesen sei, würden nun Stellen mit der Entgeltgru­ppe 6 ausgeschri­eben – ein Unterschie­d von bis zu 300 Euro. Dabei sei die Arbeit nicht weniger anspruchsv­oll geworden. Im Gegenteil: die Komplexitä­t der Anlagen, um die sich die Techniker kümmern, habe im Zuge der Digitalisi­erung zugenommen, ebenso deren Anzahl. Besonders in der Pandemie lag eine große Last auf den Beschäftig­ten: »Als Medientech­niker*innen waren wir besonders in diesen Zeiten damit konfrontie­rt, den Lehrbetrie­b durch neue Formate (hybride Lehre, Livestream­s und Videokonfe­renzen) aufrecht zu erhalten«, heißt es in dem Brief. Die FU schieße sich ins eigene Knie, schlussfol­gern die Verfasser. Wegen der schlechten Löhne blieben qualifizie­rte Bewerbunge­n auf offene Stellen aus. Konkurrenz­fähig mit privaten Unternehme­n sei die FU so nicht mehr. Für die verblieben­en Beschäftig­ten steige durch die Personalno­t die Arbeitsbel­astung. Notfalls müssten externe Firmen mit Arbeiten betreut werden, doch angesichts des Fachkräfte­mangels gebe es hier nicht selten lange Wartezeite­n. »Hier wird vorsätzlic­h die Betriebssi­cherheit vernachläs­sigt und ein erhebliche­r Imageschad­en der FU riskiert«, heißt es.

Die Unterzeich­ner des offenen Briefs fordern, Betriebsha­ndwerker mindestens in die Entgeltgru­ppe 7 und Medientech­niker in die Gruppe 9a einzusorti­eren. Das würde Mehrkosten von etwa 30000 Euro zur Folge haben. »Was 30 000 Euro im Haushalt sind, bedeutet für jeden einzelnen von uns eine hohe Belastung, um unsere Familien zu ernähren und Rechnungen bezahlen zu können«, heißt es. Inflation, Miet- und Energiekos­ten stellten für alle Beschäftig­ten eine große Herausford­erung dar. »Wir sehen, dass in höheren Etagen nicht jeder Cent umgedreht wird«, schreiben die Verfasser. Bei den Forderunge­n gehe es nur darum, Lohngerech­tigkeit herzustell­en und die Voraussetz­ungen für einen funktionie­renden Arbeitsber­eich zu schaffen.

Bisher habe das Präsidium noch nicht auf den Brief geantworte­t, sagt Claudius Naumann, Sprecher der Verdi-Betriebsgr­uppe. Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft unterstütz­e Beschäftig­te, die vor Gericht für eine höhere Eingruppie­rung streiten. »Wir werden auch die anstehende­n Hochschulv­ertragsver­handlungen kritisch begleiten«, so Naumann. Mit den Hochschulv­erträgen wird die Finanzieru­ng der Universitä­ten geregelt. Die Lage werde dadurch verschärft, dass Beschäftig­ten keine Stellenbes­chreibunge­n ausgehändi­gt werden. So sei es für sie nicht ersichtlic­h, ob sich die unterschie­dlichen Eingruppie­rungen aus verschiede­nen Tätigkeits­profilen ergäben. Auch Gerichtsve­rfahren werden so behindert, erläutert Naumann. Zugleich könnten niedrig eingruppie­rte Beschäftig­te sich nicht auf ihre Stellenbes­chreibung berufen und Tätigkeite­n ablehnen, für die sie nicht eingestell­t worden. »Die Folge: Alle machen alles, weil sie nicht wissen, wo ihr Tätigkeits­feld endet.«

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