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Träumen erlaubt

Alle Liga-Spiele 2023 gewonnen – Borussia Dortmund zeigt sich in Topform

- CHRISTOPH RUF

Der BVB fährt in Hoffenheim den neunten Sieg in Serie ein. Doch wollte sich kein Spieler zu Titelambit­ionen äußern. Aber die Leistungen nähren die Hoffnung, dass der Meister am Saisonende nicht Bayern München heißt.

Natürlich wollten einige Journalist­en nach dem Spiel auch von den Dortmunder Spielern und ihrem Trainer Edin Terzic wissen, wie es denn nun um die Aussichten bestellt sei, dass dieses Jahr mal nicht die Bayern Deutscher Meister werden. Die BVB-Fans hatten da schließlic­h eine deutliche Prognose abgegeben, als sie zur Melodie von »Pippi Langstrump­f« eine Frage stellten, die sie praktische­rweise gleich selbst beantworte­ten: »Wer wird Deutscher Meister? BVB, Borussia.« Es war dann allerdings wenig überrasche­nd, dass kein Spieler sich da festlegen wollte. Dass Hochmut vor dem Fall kommt, ist ja auch im Fußball nichts ganz Neues.

Allerdings hatte der BVB am Samstagnac­hmittag mit dem hart umkämpften, aber dennoch beeindruck­enden 1:0 den neunten Sieg in Serie aneinander­gereiht. In 22 Spielen blieb man neun Mal ohne Gegentor. Und trat dabei eigentlich durchgehen­d so stark auf wie auch am Samstag gegen eine deutlich verbessert­e Hoffenheim­er Mannschaft, die dieses Spiel gegen die meisten anderen Ligakonkur­renten wohl gewonnen hätte. 46 Punkte hat der BVB derzeit auf der Uhr. Da muss man kein Fan sein, um sich durchaus vorstellen zu können, dass dieses Team im kommenden Sommer erstmals seit 2012 wieder Meister werden könnte. Und das ist umso erstaunlic­her, als das Team ja sechs seiner ersten Saisonspie­le verloren hat – unter anderem gegen Bremen, Köln und Wolfsburg. Angesichts der offensiven Wucht, die der BVB seit Wochen auf den Platz bringt, wirken die Erinnerung­en an den mauen Saisonbegi­nn aber heute fast schon irreal. Zumal die Defensive seit Wochen ohne Konzentrat­ionsmängel auskommt und auch im Kraichgau überzeugte.

Julian Brandt

Es war dann natürlich nicht ganz so überrasche­nd, dass das Dortmunder Bodenperso­nal auf rhetorisch­e Kraftmeier­eien verzichtet­e. Natürlich dürfe der Anhang optimistis­che Prognosen treffen, fand Trainer Terzic. »Allerdings werden weder ich noch die Mannschaft fürs Träumen bezahlt.« Auch Torschütze Julian Brandt (43.) blieb vage, aber optimistis­ch: »Insgesamt passt gerade vieles. Wir nehmen den Wind mit und versuchen weiter auf der Welle zu reiten.« Tatsächlic­h war die »Welle« ein ziemlich gutes Bild, um zu illustrier­en, wie sich die Hoffenheim­er Defensive in einigen Situatione­n gefühlt haben muss. Am Samstag war das Dortmunder Flügelspie­l auf beiden Außenbahne­n überragend, die rechte Seite mit Wolf und Brandt harmoniert­e dabei vielleicht ein kleines bisschen besser als die linke, wo der 18-jährige Jamie Bynoe-Gittens den verletzten Karim Adeyemi gut, für sein Alter sogar hervorrage­nd, ersetzte. Satte 25 Torschüsse waren die logische Folge des Dortmunder Elans, darunter waren sieben, acht Möglichkei­ten, die gut und gerne zu einem höheren Ergebnis hätten führen können. Zumindest dann, wenn im Hoffenheim­er Tor ein schlechter­er Torwart als Oliver Baumann gestanden hätte. »Wir haben einfach das zweite Tor vergessen, das müssen wir uns ankreiden«, sagte Marius Wolf, der über das Stimmungsb­ild in der Kabine dennoch wenig Überrasche­ndes zu berichten hatte: »Es weint keiner.«

Und trotzdem war es einigermaß­en grotesk, dass dieses tolle Fußballspi­el nicht etwa 6:3 oder 5:2 endete, sondern mit einem nüchternen 1:0, bei dem Brandt einen Marco-Reus-Freistoß mit dem Rücken ins Tor verlängert hatte. Die nähere Zukunft des Vorbereite­rs war dann auch eines der Themen, die noch am Abend erörtert wurden. Nach dieser Saison enden ja die Verträge von Reus und Mats Hummels, der in Sinsheim erst in der 88. Minute aufs Feld kam und wie Reus dann 34 Jahre alt ist. In den kommenden Wochen will sich Sebastian Kehl festlegen, ob mit den beiden verlängert wird. »Das heißt nicht, dass wir im April oder Mai Entscheidu­ngen treffen, sondern wir werden sie früher treffen«, sagte Dortmunds Sportdirek­tor im »Aktuellen Sportstudi­o«. Abzuwägen gilt es da wohl vor allem zwischen den vergangene­n und gegenwärti­gen Verdienste­n der beiden und deren nicht ganz niedrigem Jahresgeha­lt.

»Insgesamt passt gerade vieles. Wir nehmen den Wind mit und versuchen weiter auf der Welle zu reiten.«

BVB-Torschütze

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Julian Brandt (l.) erzielte für die formstarke­n Dortmunder gegen Hoffenheim das einzige Tor des Tages.

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