Özdemir dringt auf Werbeverbot für Junkfood
Ernährungsminister will Kinder schützen
Kinder müssten besser vor ungesunden Lebensmitteln geschützt werden, sagt Bundesernährungsminister Cem Özdemir. Doch er stößt mit seinem Gesetzesvorstoß auf Kritik.
Berlin. Kinder sollen nach Vorstellung von Bundesernährungsminister Cem Özdemir künftig keine Werbung mehr für ungesunde Lebensmittel sehen. Der Grüne schlug am Montag ein weitreichendes Verbot von an Kinder gerichteter Junkfood-Werbung vor. Es soll etwa für Fernseh- und Radiosendungen und Online-Netzwerke wie Youtube von 6 Uhr morgens bis 23 Uhr abends gelten. Fachleute lobten die Pläne, die FDP kündigte Widerstand an.
Freiwillige Selbstverpflichtungen der Werbewirtschaft hätten zu nichts geführt, sagte Özdemir. Deshalb brauche es nun eine strikte Regelung. Zugleich betonte er, dass er kein »allgemeines Werbeverbot« fordere. »Aber die Werbung darf sich eben nicht mehr gezielt an Kinder richten.« Die Definition von »an Kinder gerichteter Werbung« ist dabei allerdings weit gefasst: Es reiche aus, wenn »bewusst in Kauf genommen wird, dass sie regelmäßig insbesondere auch von Kindern wahrgenommen wird beziehungsweise wahrgenommen werden kann«, so der Minister.
Außerdem fallen laut Özdemir Anzeigen in Presseerzeugnissen unter das Verbot, wenn sie sich von der Aufmachung her offensichtlich an Kinder richtet. Auch Außenwerbung für Süßigkeiten und Ähnliches soll im Umfeld von Schulen und anderen Einrichtungen wie etwa Schwimmbädern nicht mehr möglich sein. Neue Vorgaben sind auch für Sponsoring etwa beim Vereinssport geplant. Für die Definition ungesunder Lebensmittel will sich Özdemir nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation richten.
Lob für die Pläne kam von der Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin, Ursula FelderhoffMüser: Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte, wissenschaftliche Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen forderten eine solche Regelung bereits seit Jahren, denn die Wirksamkeit von an Kinder gerichteter Werbung sei gut belegt.
Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft erklärte, Özdemir sei »ein großer Wurf gelungen«. Adipositas bei Kindern stelle ein zentrales Gesundheitsproblem dar und die Werbung für Ungesundes sei dafür ein wichtiger Faktor. Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten, Foodwatch, der Verbraucherzentrale Bundesverband und der WWF sprachen allesamt von einem »Meilenstein« im Kampf gegen Übergewicht und für die Kindergesundheit.
Özdemir sagte, er werde nun die Ressortabstimmung einleiten und rechne durchaus mit »Widerstand«. Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, kündigte umgehend an, innerhalb der Ampel werde er »keine Mehrheit finden«. Özdemir verfolge scheinbar das Ziel, »aus jedem unmündigen Kind einen unmündigen Bürger werden zu lassen«. Auch SPD-Chefin Saskia Esken zeigte sich zurückhaltend. Werbung dürfe, was die gesundheitlichen Auswirkungen beworbener Produkte angeht, nicht »irreführend« sein, sagte sie. Aber »Kinder vor ungesunden Lebensmitteln schützen, das müssen, glaube ich, immer noch die Eltern tun.«