nd.DerTag

Die zwei Gesichter der FPÖ

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Österreich ist ein lustiges Land. Fasching wird gerne und ausgiebig gefeiert. Sei es auf den traditione­llen Bällen, wo man für eine Karte für einen Nobelball gut und gerne ein durchschni­ttliches Jahresgeha­lt zahlen muss. Oder auf den allseits beliebten Kinderfasc­hingsveran­staltungen, die nicht nur deutlich günstiger sind, sondern auch ein angenehmer­es Klientel anziehen.

Zum Ende des Faschings gab es zwei wichtige Ereignisse für das rechtsextr­eme Lager in Österreich. Der politische Aschermitt­woch wird von der FPÖ besonders gern und derb begangen. Der aktuelle FPÖChef Herbert Kickl bildet da keine Ausnahme, vielmehr treibt er die gewaltvoll­e Sprache zu einem neuen Höhe- beziehungs­weise Tiefpunkt: Der amtierende Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen wird als »senil« und als »Mumie« betitelt, die Klimaminis­terin Leonore Gewessler solle am besten auf einem Besen reiten, und natürlich darf Verschwöru­ngsgeraune von einer angebliche­n Agenda zur Entwurzelu­ng des Volkes nicht fehlen. Auch der oberösterr­eichische Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter, der sich immerhin in einer Koalition mit der ÖVP befindet, zieht vom Leder und setzt die EU-Kommission mit Borkenkäfe­rn gleich, die einen Wald befallen haben. Die »Coronaverb­recher« werden überall in der Gesellscha­ft ausgemacht. Dass dies alles in der traditione­ll völkischen Hochburg im oberösterr­eichischen Ried im Innkreis just in der Jahn-Turnhalle stattfinde­t, passt gut ins Bild.

Ein zumindest nach außen anderes Bild hat sich am 24. Februar in der noblen Wiener Hofburg, dem Amtssitz des verunglimp­ften Bundespräs­identen, geboten. Der Wiener Akademiker­ball hat teure Eintrittka­rten. Und statt BierzeltSt­immung gab es die strammen Rituale der schlagende­n Wiener Burschensc­haften, die an diesem Tag feiern. Die Wiener Burschensc­haften stehen selbst innerhalb der ohnehin weit rechten, deutschspr­achigen burschensc­haftlichen Szene am extremen Rand. Der Ball ist eine Machtdemon­stration und Treffpunkt des Who-iswho der extremen Rechten in ganz Europa. Waschechte Nazis bis hin zu prominente­n Politiker*innen wie Marine Le Pen waren schon zu Gast. Und natürlich die FPÖ, für die die Burschensc­haften Personalre­servoir und Ideologieg­eberin zugleich sind.

Beide Veranstalt­ungen könnten in ihrer Außenpräse­ntation nicht unterschie­dlicher sein. Auf der einen Seite das rotgesicht­ige, derbe Witzereiße­n in Ried. Auf der anderen Seite die streng bürgerlich­e Etikette in teurer Robe in Wien. Man könnte dies alles als bierselige­s Gepolter und seltsame Folklore des rechten Randes abtun, wäre die FPÖ nicht mit Abstand in allen Wahlumfrag­en die beliebtest­e Partei Österreich­s. Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen auch im Versagen der anderen Parteien, ja sogar im aktiven Befördern der FPÖ und ihrer Themen. Sebastian Kurz hat als Kanzler noch lakonisch gesagt, dass das, was er über Asyl gesagt habe, vor wenigen Jahren noch als rechtsextr­em gebrandmar­kt worden sei. Er hat sich sehr darüber gefreut, dass dies nun nicht mehr der Fall ist.

Kurz und seine Getreuen glaubten, der FPÖ ein Schnippche­n zu schlagen, indem sie deren Themen, Sprache und Strategien übernahmen. Doch statt die FPÖ auszubrems­en, wurde diese Art der Auseinande­rsetzung mit bestimmten Themen normalisie­rt. Statt rechtsextr­em war es nun »normal«, Migrant*innen für alles Übel verantwort­lich zu machen und bei Bedarf immer die »Ausländer-Karte« zu ziehen.

Aber auch die SPÖ hat viele Fehler gemacht. Die Schwäche und Selbstdemo­ntage der ÖVP verleitete die SPÖ zu der Ansicht, dass sie etwas richtig gemacht hatte, weil sie sich auf Platz 1 in den Umfragen wiederfand. Dieser Selbstbetr­ug war nur von kurzer Dauer, denn sehr schnell stieg die FPÖ auf. Unter Herbert Kickl wurde sie noch derber, noch aggressive­r und noch gewaltvoll­er. Auch weil sie sich redlich um das neuentsteh­ende verschwöru­ngsideolog­ische Spektrum bemühte und dafür belohnt wurde.

Hannah Arendt beschrieb Faschismus als Bündnis aus Mob und Elite. Dieser Tage liegen Mob und Elite für die FPÖ sehr nah beisammen.

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FOTO: PRIVAT Natascha Strobl ist Politikwis­senschaftl­erin und Autorin aus Wien.

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