nd.DerTag

Bodycams statt Bodenturne­n

Die Gewerkscha­ft der Polizei glaubt nicht an Jugendarbe­it

- NORA NOLL

Nach dem Gipfel gegen Jugendgewa­lt fordert die Gewerkscha­ft der Polizei Mittel für die eigene Ausstattun­g.

90 Millionen Euro will der Berliner Senat in den nächsten Jahren für Maßnahmen gegen Jugendgewa­lt ausgeben. Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) kritisiert jedoch, dass Polizei und Feuerwehr bei den Plänen zu kurz gekommen seien. Sie sei nach den Silvesterk­rawallen »enttäuscht, dass ihre Bedürfniss­e letztlich keinerlei Berücksich­tigung fanden«, teilte die GdP wenige Tage nach dem zweiten »Gipfel gegen Jugendgewa­lt« mit Vertretern aus Politik, Sozialarbe­it, Polizei, Staatsanwa­ltschaft und Justiz mit.

Die Ergebnisse klängen gut, seien aber »kaum umzusetzen«, so die GdP. Neue Stellen für Sozialarbe­iter seien schwer zu besetzen, weil es »schon jetzt eine hohe zweistelli­ge Zahl an unbesetzte­n Stellen in genau den Bereichen« gebe. »Es ist auch utopisch zu denken, dass man für 4,5 Millionen Euro ein paar Sportgerät­e in die Parks stellt und dann jemand sagt, er mache lieber ein paar Dips und Pull-ups, anstatt Pyrotechni­k auf Menschen zu werfen.« Geld fehle für »flächendec­kende Ausstattun­g mit der Bodycam«, dringend benötigte Zivilfahrz­euge und zusätzlich­e Prävention­sbeauftrag­te. Zudem brauche man eine zentrale Anlaufstel­le für Jugendgewa­lt beim Senat.

»Natürlich will die Gewerkscha­ft einen Teil der Gelder haben, die jetzt verteilt werden«, sagt Vasili Franco, innenpolit­ischer Sprecher der Grünen im Abgeordnet­enhaus, zu den Forderunge­n der GdP. Man könne darüber diskutiere­n, ob Bodycams im Umgang mit Jugendkrim­inalität sinnvoll wären. »Aber das als eine Priorität des Jugendgipf­els einzuforde­rn, entspricht nicht der Idee des Gipfels, die Probleme von Jugendlich­en zu thematisie­ren.« Mit Blick auf die sozialen Herausford­erungen könne nicht der erste Ruf der Polizei gelten. »Wenn wir die Lehre aus der Silvesterd­ebatte ziehen, dass man die Ursachen und nicht nur Symptome angehen sollte, dann muss natürlich der Fokus auf den sozialen Problemen liegen.« Er begrüße deshalb die geplanten Maßnahmen, inbesonder­e bereits existieren­de Projekte der Jugendsozi­alhilfe mit mehr Geld und Personal zu unterstütz­en.

Für 2023 sollen insgesamt rund 20 Millionen Euro bereitgest­ellt werden, 2024 dann 70 Millionen Euro. Das hatte die Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) vergangene­n Mittwoch angekündig­t. Die Mittel sollen in bestehende Projekte fließen, etwa an Familienze­ntren, sogenannte Stadtteilm­ütter, Jugendeinr­ichtungen, kostenlose Sportangeb­ote für Jugendlich­e, Jugendberu­fsagenture­n und schulpsych­ologische Beratungsz­entren. Zusätzlich­es Personal soll es aber auch für die Staatsanwa­ltschaft Berlin geben.

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