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Kein Ruhen in Frieden

Transfeind­liche Grabschänd­ungen: Ermittlung­en eingestell­t Ella Nik Bayan nahm sich vor eineinhalb Jahren das Leben. Angehörige fordern ein Schutzkonz­ept für ihr Grab.

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Nach mehrmalige­n Angriffen auf das Grab der trans Frau Ella Nik Bayan hat die Berliner Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en beendet. Ebenso stellte sie das Verfahren gegen einen Beschäftig­ten der Berliner Feuerwehr ein, der unter Verdacht stand, Fotos der Verstorben­en aufgenomme­n und verbreitet zu haben. Das geht aus der Antwort der Innenverwa­ltung auf eine schriftlic­he Anfrage von drei Grünen-Abgeordnet­en im Abgeordnet­enhaus hervor.

Am 14. September 2021 nahm sich Bayan das Leben, indem sie sich auf dem Alexanderp­latz anzündete. Die trans Frau war aus dem Iran geflüchtet und musste in Deutschlan­d jahrelang um ihren Aufenthalt­stitel und den Zugang zu einer medizinisc­hen Transition kämpfen. »Wenn sich jemand mit so einem großen Knall aus der Welt verabschie­det, soll uns das etwas zu verstehen geben«, sagte Georg Matzel, langjährig­er Begleiter von Bayan und Ehrenamtli­cher des Lesben- und Schwulenve­rbandes Sachsen-Anhalt, am Jahrestag ihres Todes.

Nun kümmert sich Matzel um das Grab seiner Freundin in Berlin – und erstattete bereits viermal Anzeige wegen Grabschänd­ung. Das letzte Mal Ende Dezember hinterließ­en

Unbekannte ein Schreiben, das mit christlich­en Bezügen gegen Transgesch­lechtlichk­eit hetzte, auf der Rückseite des Briefes befand sich ein Screenshot aus einem Video von Bayans Tod. Zusätzlich legten die Täter*innen einen Dildo auf der Ruhestätte ab.

»Diese Umstände lassen auf eine religiös motivierte Tat aus transphobe­n Beweggründ­en schließen«, schrieb dazu die Innenverwa­ltung. Doch ohne Tatverdäch­tige stellte die Behörde die Ermittlung­sverfahren am 30. Januar ein, genau wie die Ermittlung­en zu drei früheren Schändunge­n.

»Es wird jetzt endlich Zeit, dass wir uns gemeinsam hinsetzen und ein Sicherheit­skonzept entwerfen«, sagt Matzel zu »nd«. Das Grab sei ein wichtiger Gedenkort für die Hinterblie­benen, die regelmäßig­en Angriffe versteht er deshalb als Angriff auf die trans Community. »Es ist krass, wie die Übergriffe gegen queere Menschen zunehmen«, so Matzel.

Dass das Disziplina­rverfahren gegen einen Beschäftig­en der Feuerwehr »mangels hinreichen­den Tatverdach­ts« eingestell­t wurde, kann Matzel ebensoweni­g nachvollzi­ehen. »Es muss ja Anhaltspun­kte gegeben haben, sonst wäre anfangs nicht ermittelt worden.« Laut Innenverwa­ltung sei der Beschuldig­te vernommen und sein Handy sichergest­ellt worden. Er hatte unter Verdacht gestanden, auf dem Weg ins Krankenhau­s die schwerverl­etzte Bayan fotografie­rt und die Bilder online veröffentl­icht zu haben.

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