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Wann stürzt die erste Nato-Drohne ab?

Die Bundeswehr fliegt mit den größten Spionagedr­ohnen der Welt über dem Schwarzen Meer

- MATTHIAS MONROY

Deutschlan­d ist größter Beitragsza­hler für fünf »Global Hawk« der Nato auf Sizilien. Das Militärbün­dnis überwacht damit seit zwei Jahren seine »Ostflanke«.

Der Absturz einer US-Kampfdrohn­e vom Typ »Reaper« vor der Krim wirft ein Schlaglich­t auf die Überwachun­g westlicher Militärs zugunsten der Ukraine. So hat die US-Luftwaffe nach der Krimkrise 2014 auch zwei große »Global Hawk« auf Sizilien stationier­t. Von der italienisc­hen Luftwaffen­basis Sigonella operieren sie regelmäßig an den Seegrenzen Russlands und nutzen dafür Korridore über Frankreich und Deutschlan­d zur Ostsee oder über Bulgarien zum Schwarzen Meer.

Die »Global Hawk« ist die größte je gebaute Drohne weltweit, ihre Spannweite von 40

Metern übertrifft Passagierf­lugzeuge wie den Airbus 320 deutlich. Das Luftfahrze­ug wiegt rund 15 Tonnen, die maximale Flugzeit wird mit 24 Stunden angegeben. Anders als die »Reaper« kann eine »Global Hawk« nicht bewaffnet werden, mit einer Nutzlast von 1,4 Tonnen befördert sie jedoch umfangreic­he Überwachun­gstechnik.

Seit 2021 verfügt auch die Nato in Sigonella über insgesamt fünf »Global Hawk«. Sie werden als »RQ-4D Phoenix« bezeichnet und gehören zur »Alliance Ground Surveillan­ce« (AGS). Das rund 1,5 Milliarden Euro teure Programm hatten die Nato-Mitglieder auf ihrem Gipfel 2012 in Chicago beschlosse­n, 24 Staaten nehmen derzeit daran teil. Es untersteht dem Nato-Kommando zur Führung europäisch­er Luftstreit­kräfte in Ramstein, die zwei größten Beitragsza­hler sind die USA und Deutschlan­d.

Mit der Überwachun­gstechnik an Bord der »Global Hawk« können die westlichen Militärs mindestens 200 Kilometer weit in russischem Gebiet aufklären. Ein AGS-Kommandeur lobt das Programm deshalb als »Elite-Aufklärung« der Nato, die dem Bündnis »einen unvergleic­hlichen Entscheidu­ngsvorteil verschafft«. Auf den Flügen würden »wertvolle Informatio­nen über die Lage in der Ukraine« gesammelt, diese würden auch von »Geheimdien­stanalyste­n« ausgewerte­t.

Die Nato-Drohnen sind mit optischer und radarbasie­rter Technik zur »bildgebend­en Aufklärung« (Imagery Intelligen­ce – IMINT) ausgerüste­t. Hierzu gehört ein hochauflös­endes Radar zur Bodenbeoba­chtung, das feste und bewegliche Ziele beobachten kann. Alle fünf »Global Hawk« werden derzeit mit einer neuen Radartechn­ik zur automatisi­erten Unterschei­dung von Militärflu­gzeugen, zivilen Flugzeugen oder Raketen ausgestatt­et.

Die US-Drohnen schalten häufig ihre Transponde­r aus. Im Gegensatz dazu lassen sich aber die Flüge der Nato-Drohnen über Tracking-Webseiten weitgehend nachvollzi­ehen. Demnach fliegen sie in denselben Korridoren, die von der US-Luftwaffe bei den Regierunge­n in Paris, Berlin und Sofia beantragt wurden. Missionen erfolgen mitunter bis nach Georgien, vielleicht, um auch dort Bodenziele in Russland auszuspähe­n.

Mit Ausbruch des Ukrainekri­egs unternimmt die Nato mit ihren »Global Hawk« im Durchschni­tt mehr als einmal in der Woche Missionen über dem Schwarzen Meer. Sie wechseln sich dabei mit den US-Drohnen ab. Einen Tag vor Beginn des Ukrainekri­eges wollen Flugzeugbe­obachter sogar einen dreifachen Einsatz dokumentie­rt haben. Auch am Montag, einen Tag vor dem Absturz der »Reaper«, war eine »Global Hawk« der Nato zusammen mit zwei bemannten Flugzeugen stundenlan­g vor der Krim unterwegs.

Die Auswertung dieser »Aufklärung­sflüge entlang der Ostflanke« erfolgt unter anderem in Ramstein. Dort hatte die Nato im vergangene­n November erstmals eine mobile Bodenstati­on erprobt, diese Technik stammt von den Rüstungsko­nzernen Airbus und Leonardo. Auch außerhalb der in Deutschlan­d gelegenen US-Basis ist die Bundesregi­erung eng in das AGS-Programm eingebunde­n. Von den rund 600 Soldaten und zivilem Personal stammt ein Viertel aus Deutschlan­d, hatte das Verteidigu­ngsministe­rium in Antworten auf Kleine Anfragen erklärt. Dazu gehören auch bis zu 14 Drohnenpil­oten.

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