nd.DerTag

Wegen Hilfe verurteilt

- JULIA TRIPPO

Aktivistin Justyna Wydrzyńska wegen »Beihilfe zur Abtreibung« in Warschau schuldig gesprochen

2020 hatte die polnische Aktivistin Justyna Wydrzyńska einer ungewollt Schwangere­n per Post Abtreibung­spillen zukommen lassen, doch deren gewalttäti­ger Mann rief die Polizei und zeigte Wydrzyńska an. Nun wurde sie schuldig gesprochen.

Die 47-Jährige erklärte vor Gericht, dass auch sie Partnersch­aftsgewalt erlebt hat und der Frau helfen wollte. Sie leiste Hilfe, die der Staat und das öffentlich­e Gesundheit­ssystem nicht zur Verfügung stellen. Außerdem will die Polin in Berufung gehen: »Ich fühle mich nicht schuldig, ich akzeptiere dieses Urteil nicht«. Ihre Strafe von acht Monaten gemeinnütz­iger Arbeit mit 30 Stunden pro Monat nimmt die Aktivistin kämpferisc­h: »Gemeinscha­ftsarbeit? Ich mache es sofort, und beantworte Anrufe auf der Hotline für Abtreibung­en.« Dies ist Teil der medizinisc­hen Versorgung, die von »Abortion Dream Team« angeboten wird. Nach eigenen Angaben hilft die Organisati­on, die Wydrzyńska 2016 mitgründet­e, mit ihrer Arbeit 44 000 ungewollt Schwangere­n pro Jahr.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte für Wydrzyńska drei Jahre Haft gefordert, von der Anklage des Drogenhand­els wurde sie freigespro­chen. Den Fall Wydrzyńska­s beurteilen Menschenre­chtsbeobac­hter*innen als einen neuen Tiefpunkt des ohnehin sehr restriktiv­en Abtreibung­sgesetzes in Polen. Ihre Verurteilu­ng schafft jetzt einen gefährlich­en Präzedenzf­all in Polen für die Verfolgung weiterer Aktivist*innen und eine Atmosphäre der Unterdrück­ung, um Frauenrech­tsaktivist*innen einzuschüc­htern und davon abzuhalten, Frauen zu helfen, die einen Schwangers­chaftsabbr­uch vornehmen wollen. Es ist das erste Mal, dass in Europa eine Aktivistin wegen Hilfeleist­ung bei einem Schwangers­chaftsabbr­uch verurteilt wurde.

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