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Aus Kurdistan nach Cottbus und zurück

- ANDREAS FRITSCHE

Bei einem Solidaritä­tsabend mit dem kurdischen Rojava in Cottbus wird auch eine Städtepart­nerschaft Friedrichs­hain-Kreuzbergs vorgestell­t. 2015 ist der Kurde Bachir al-Ali aus Syrien nach Deutschlan­d geflüchtet. Er lebt in Cottbus und studiert an der Technische­n Universitä­t Wildau Automatisi­erungstech­nik. Diesen Sommer will al-Ali seinen Abschluss machen. Irgendwann, wenn es die Situation erlaubt, möchte er in seine Heimat zurückkehr­en und mit seinen in der Bundesrepu­blik erworbenen Kenntnisse­n beim Wiederaufb­au des vom Krieg zerstörten Landes helfen.

Wann es soweit sein könnte, lässt sich derzeit schwer abschätzen. Einstweile­n engagiert sich al-Ali mit anderen Kurden, Afghanen, Tschetsche­nen und Arabern im Geflüchtet­ennetzwerk Cottbus für die Rechte der Geflüchtet­en. Gemeinsam mit der Linksfrakt­ion in der Stadtveror­dnetenvers­ammlung Cottbus und unterstütz­t vom Kommunalpo­litischen Forum Land Brandenbur­g organisier­te das Geflüchtet­ennetzwerk am Dienstagab­end eine Veranstalt­ung zur Kurdistan-Solidaritä­t beim Kulturvere­in Bunter Bahnhof.

Die Spenden für das Essen am Buffet und die Einnahmen aus dem Getränkeve­rkauf von zusammen 1000 Euro gehen je zur Hälfte an den Hilfsverei­n »Wir packen’s an« aus Bad Freienwald­e und an eine kurdische Hilfsorgan­isation. Hinter dem Tresen stehen im Bunten Bahnhof der Cottbuser Linksfrakt­ionschef Matthias Loehr und Oberbürger­meister Tobias Schick (SPD). »Wir packen’s an« versorgt Flüchtling­e beispielsw­eise in Polen, Serbien und Griechenla­nd und plant jetzt, einen Konvoi ins syrische Kurdengebi­et zu schicken, nach Rojava also. Genaueres möchte Vereinsges­chäftsführ­er Axel Grafmanns erst verraten, wenn dieser Konvoi angekommen ist. Das Problem: Zuweilen werden Hilfsgüter beschlagna­hmt, bevor sie ihr Ziel erreichen.

Diese bittere Erfahrung musste auch Elke Dangeleit machen. Sie ist migrations­politische Sprecherin der Linksfrakt­ion im Berliner Bezirk Friedrichs­hainKreuzb­erg. 2017 gründete Dangeleit mit anderen einen Verein, um eine Städtepart­nerschaft von Friedrichs­hain-Kreuzberg mit der 75 000-Einwohner-Kommune Dêrik in die Wege zu leiten. 2019 wurde die Partnersch­aft besiegelt. Es sei die erste deutsche Partnersch­aft mit einer Stadt in Rojava, erzählt Dangeleit in Cottbus. Eine Lieferung für eine mobile Klinik sei geraubt worden. Deshalb sei ihr Verein dazu übergegang­en, Geld zu sammeln, von dem die Freunde in Dêrik die benötigten Dinge vor Ort anschaffen, erzählt die 63-Jährige. So sei Geld aufgetrieb­en worden, um ein ausgetrock­netes Flussbett als Stadtpark zu begrünen. »Dafür haben wir Fördermitt­el bekommen.«

Höhepunkt des Abends ist der Auftritt der Linke-Bundesvors­itzenden Janine Wissler. Sie erlebte in der türkischen Kurden-Hochburg Diyarbakir das schwere Erdbeben vom Februar und kritisiert wie Grafmanns die Bürokratie für die Einreise von Erdbebenop­fern nach Deutschlan­d.

In Cottbus leben derzeit 75 Kurden aus Syrien und der Türkei, schätzt Bachir al-Ali.

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