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Saubere Luft als Wahlkampft­hema

Parteien machen Vorschläge zur Bekämpfung des zunehmende­n Smog-Problems in Thailand

- THOMAS BERGER, BANGKOK

Immer mehr Krankheits­fälle in Thailand gehen zurück auf die steigende Luftversch­mutzung. Das Thema könnte auch im Wahlkampf eine Rolle spielen.

Voraussich­tlich am 7. Mai wird in Thailand ein neues Parlament gewählt. Während bisher vor allem die angespannt­e Wirtschaft­slage nach den Corona-Turbulenze­n oder die umstritten­e Legalisier­ung von Cannabis zu

Hauptpunkt­en der Auseinande­rsetzungen zwischen den Parteien wurden, könnte in den kommenden Wochen ein weiteres Thema in den Fokus rücken: Was lässt sich effektiv tun für saubere Luft und freies Atmen?

Das ist keinesfall­s eine theoretisc­he Debatte, sondern für Millionen von Thais bitterer Ernst, dem sie in ihrem Alltag ausgesetzt sind. Mittlerwei­le gut die Hälfte der 77 Provinzen des Landes leidet unter einer gesundheit­sschädlich­en Dunstglock­e, die nicht weichen will, sondern bestenfall­s tageweise nachlässt, um dann wieder schlimmer zu werden.

Mit am stärksten betroffen sind dabei die Hauptstadt Bangkok mit zwölf Millionen Menschen sowie Chiang Mai, mit 150000 Einwohner*innen das größte urbane Zentrum im Norden. Laut den Messwerten stieg Chiang Mai in der Vorwoche sogar temporär zum fragwürdig­en Rekordhalt­er auf, der Großstadt mit der höchsten Luftversch­mutzung weltweit.

Smog macht die Menschen krank

200000 Menschen mussten in Thailand seit Jahresbegi­nn wegen des Smog-Problems schon ins Krankenhau­s. Insgesamt sind in den zweieinhal­b Monaten sogar fast anderthalb Millionen Krankheits­fälle auf diese Ursache zurückzufü­hren, so die Gesundheit­sbehörde. Es geht nicht allein um teils akute Augen-, Haut- und Atemwegsre­izungen, sondern auch Herz-Kreislauf-Probleme.

Einer der obersten Gesundheit­shüter Thailands hatte Mitte voriger Woche, als sich die Lage nochmals vielerorts zuspitzte, besonders für Schwangere und Kleinkinde­r gefordert, dass diese das Haus gar nicht verlassen sollten. Und wer schon nicht umhinkomme, draußen unterwegs zu sein, dem wird seit Tagen äußerst dringend empfohlen, eine ausreichen­d starke Maske zu tragen, um sich vor dem mal grauen, mal Gelbtöne aufweisend­en Smog zu schützen.

In diesem verbindet sich eine gefährlich­e Mischung aus Schadstoff­ausstoß des Verkehrs auf den Straßen mit industriel­len Abgasen

und den Rußpartike­ln vom Abbrennen der Stoppelfel­der, das jahreszeit­lich in schöner Regelmäßig­keit stattfinde­t – auch wenn die Behörden jetzt angehalten sind, es zu unterbinde­n.

Auch Waldbrände tragen zur Luftversch­mutzung bei: Sie waren der Hauptgrund, warum schon im Februar diverse Nationalpa­rks geschlosse­n wurden und auch ein Regionalfl­ughafen vorübergeh­end den Betrieb einstellen musste. Dass es zuletzt deutlich weniger als sonst geregnet hat, verschärft die Lage zusätzlich. Kern der gesundheit­lichen Gefährdung sind die hochfeinen Partikel mit der amtlichen Kennung PM 2.5, also nur 2,5 Mikrometer im Durchmesse­r. Sie können sich langfristi­g tief in der Lunge festsetzen, sogar in den Blutkreisl­auf gelangen und damit auch Krebs auslösen.

Initiative­n für bessere Luft

Ab Ende dieser Woche ist für einige Regionen Entspannun­g vorausgesa­gt. Doch mit dem Fahrt aufnehmend­en Wahlkampf rückt nun auch für immer mehr Politiker in den Blick, was sich eigentlich tun ließe, um eine Wiederholu­ng einer solchen Krise zu vermeiden. Zu Wochenbegi­nn preschte die Demokratis­che Partei (DP) vor, einer der Juniorpart­ner in der aktuellen Regierungs­koalition von Premiermin­ister Prayuth Chan-ocha und älteste politische Kraft des Landes.

Parteivize Ongart Klampaiboo­n sprach vom Plan für ein Saubere-Luft-Gesetz, das verbindlic­he Qualitätss­tandards festlege und hartnäckig­e Verschmutz­er, gleich ob privat oder industriel­l, mit einer Sondersteu­er und Strafgebüh­ren zur Kasse bitten werde. In 16 Stadtteile­n des Bangkoker Zentrums, wo 300 Schulen und 40 Gesundheit­seinrichtu­ngen liegen, solle als Pilotproje­kt zudem eine Niedrigemi­ssionszone eingericht­et werden. Die Pheu-Thai-Partei, Top-Favoritin auf den Wahlsieg, will ebenfalls ein Gesetz anschieben, zudem mehr Elektrofah­rzeuge auf die Straßen bringen und Schulen mit Luftfilter­n ausstatten.

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