»Spitze Speere« gegen Investoren im Agrarbereich
Die linksgeführte Thüringer Landesregierung möchte per Gesetz verhindern, dass Agrarflächen in die Hände von Investoren außerhalb der Bauernbranche fallen. Doch hier hat die CDU ein Wörtchen mitzureden.
Privatpersonen und Unternehmen, die landwirtschaftliche Flächen ohne Anzeige beziehungsweise Genehmigung verkaufen oder verpachten, könnten in Thüringen künftig erhebliche Bußgelder drohen. Wer gegen die entsprechenden Pflichten verstoße, der müsse nach einem aktuellen Gesetzesentwurf der Landesregierung mit Strafzahlungen in Höhe von bis zu einer Million Euro rechnen, erklärte Landwirtschaftsministerin Susanna Karawanskij (Linke) vergangene Woche nach einer Kabinettssitzung. Unter bestimmten Umständen könnten sogar geschlossene Verträge wieder annulliert werden.
Damit könnten einerseits die Rechte von Bauern und landwirtschaftlichen Unternehmen beschnitten werden, räumte Karawanskij ein. »Wir haben es mit einem Eingriff zu tun.« Andererseits wolle die Landesregierung dafür sorgen, dass Agrarflächen in Zukunft auch als solche erhalten bleiben und nicht an branchenferne Investoren veräußert werden, womit sie dann nicht mehr zur Produktion etwa von Lebensmitteln zur Verfügung stünden.
Das »Thüringer Agrar- und Forstflächenstrukturgesetz« soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Doch der Entwurf der Landesregierung muss in den nächsten Monaten erst einmal in den Landtag eingebracht werden, wo Rot-Rot-Grün bekanntlich keine eigene Mehrheit hat und deshalb nach allen Erfahrungen aus den vergangenen Jahren auf die Zustimmung der CDU-Landtagsfraktion angewiesen ist. Deren landwirtschaftspolitischer Sprecher, Marcus Malsch, machte bereits seine Zweifel an dem Entwurf deutlich, auch wenn er erklärte, das Ziel der Regelungen – nämlich den Schutz von landwirtschaftlichen Flächen – mittragen zu können. »Das linke Agrarstrukturreformgesetz ist ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Thüringer Landwirte«, sagte Malsch nach der Vorstellung der Pläne. »Für uns ist entscheidend, dass diese Rechte gewahrt bleiben: Das Eigentum der Bauern muss geschützt werden.« Rechtlich stünden die Eingriffe, die die Landesregierung plane, oder gar die Verhängung von Bußgeldern »ohnehin auf tönernen Füßen«.
Die Detailregelungen aus dem Gesetzesentwurf sind einigermaßen komplex. Dies hat auch damit zu tun, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, wie Agrarflächen in die Hände von Unternehmen oder Privatpersonen gelangen können, die dort keine Landwirtschaft betreiben wollen. Beim Verkauf von entsprechenden Flächen soll nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums grundsätzlich ein Grenzwert von einem Hektar Boden gelten. Wird eine größere Fläche verpachtet, soll der Vertrag beim Landesamt für Landwirtschaft und Ländlichen Raum angezeigt von dort genehmigt werden müssen. Wer gegen diese Pflichten verstößt, dem drohen – je nach Volumen des Geschäfts gestaffelt – unter anderem die hohen Bußgelder.
Grundsätzlich würden diese Pflichten jetzt schon gelten, sagte Karawanskij – ab einem Grenzwert von 0,25 Hektar. Doch würden derartige Geschäfte dennoch oft nicht angezeigt, und das Land habe keine rechtliche Möglichkeit, solche Fälle zu sanktionieren. Das geltende Recht biete dem Land dazu bislang nur »nur Zahnstocher«, so die Ministerin. »Jetzt haben wir vielleicht spitze Speere dabei.«
Wird innerhalb von drei Jahren festgestellt, dass durch einen Flächenverkauf oder eine -verpachtung eine »Gefahr für die Agrarstruktur« Thüringens vorliegt, soll dieses Geschäft den Angaben des Ministeriums nach in Zukunft sogar rückgängig gemacht werden können. Zudem will die Landesregierung mit dem Gesetzesentwurf regeln, dass ab bestimmten Grenzwerten der auch nur anteilige Verkauf von landwirtschaftlichen Unternehmen anzeige- beziehungsweise genehmigungspflichtig wird.
Die Diskussionen um derartige Gesetze laufen nicht nur in Thüringen seit Jahren. Ein Grund dafür ist, dass in den vergangenen Jahren immer wieder Geschäfte öffentlich wurden, bei denen auf agrarischen Flächen irgendwann Windräder oder Häuser entstanden sind. Mit beidem lässt sich oft mehr Geld verdienen als etwa mit dem Anbau von Kartoffeln oder Weizen. Für Investoren sind solche Flächen deshalb seit vielen Jahren interessant, was zu Preissteigerungen beim Boden geführt hat, die sich viele landwirtschaftliche Unternehmen inzwischen kaum noch leisten können.