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Warme Worte und harte Währung

Der Besuch von Chinas Staatschef in Moskau ist eine Zusammenku­nft zweier Handelspar­tner

- DANIEL SÄWERT

Xi Jinpings Visite in Russland wird mit Spannung erwartet. Doch um Politik geht es nur am Rande des Besuchs von Chinas Staatschef bei seinem Amtskolleg­en Putin. Im Vordergrun­d steht die Wirtschaft.

Chinas Staatschef Xi Jinping ist zum Staatsbesu­ch in Moskau eingetroff­en. Der Kreml erhofft sich von dem Treffen Unterstütz­ung und den Ausbau der Wirtschaft­sbeziehung­en.

Moskaus Straßen sprechen an diesem Montag Chinesisch. Auf Werbetafel­n in der ganzen Stadt wird Staats- und Parteichef Xi Jinping in der russischen Hauptstadt begrüßt. Auch im Kreml dürfte die Freude über den Besuch aus Peking groß sein. Unisono betonten die Staatsmedi­en in den vergangene­n Tagen, dass Xis erster Staatsbesu­ch nach seiner Wiederwahl als Staatspräs­ident ausgerechn­et nach Moskau führe. Für die Propaganda ein Zeichen der Wertschätz­ung. Und auch dafür, dass der Westen es nicht schafft, einen Keil zwischen die beiden Länder zu treiben, die im Februar 2022, kurz vor Kriegsbegi­nn, ihre »unendliche Partnersch­aft« ausriefen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es Xis erste Russlandre­ise seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine vor 13 Monaten ist und Chinas starker Mann monatelang nicht auf eine Einladung des Kreml reagierte.

Wenn es kleinere Spannungen zwischen Moskau und Peking gegeben hat, versuchten beide Staatschef­s, diese mit Artikeln in den Zentralorg­anen des anderen Landes zu vertreiben. Putin sprach in seinem Beitrag für »Renmin Ribao« von China als »echtem Freund« und »Bruder«, mit dem Russland gemeinsam eine multipolar­e Welt aufbauen wolle. Ähnlich warme Worte fand Xi, auch in Moskau. Beim ersten öffentlich­en Treffen lobte er seinen »guten Freund« Wladimir Putin und dessen Führungskr­aft, die Russland aufblühen lasse. Er sei sich sicher, dass die Menschen in Russland Putin bei der Präsidents­chaftswahl im kommenden Jahr unterstütz­en werden.

Moskau erhofft sich von dem dreitägige­n Treffen aber mehr als schmeichel­nde Worte. In den Gesprächen sollen die wichtigste­n Schlüsself­ragen der bilaterale­n Beziehunge­n und deren Auswirkung­en auf die internatio­nale Gemeinscha­ft besprochen werden, kündigte der politische Berater des russischen

Präsidente­n, Jurij Uschakow im Vorfeld an. Xis Visite ist zwar als Staatsbesu­ch angekündig­t, im Kern geht es aber um wirtschaft­liche Fragen. »Verhandeln, verhandeln, verhandeln«, lautet das Motto in den kommenden Tagen in Moskau. Deswegen werde auch auf unnötige Zeremonien und teure Geschenke verzichtet, so Uschakow.

Durch die westlichen Sanktionen nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine hat Russland viele Absatzmärk­te für seine Rohstoffe verloren. Auch der Import von Waren gestaltet sich schwierige­r. Bereits im vergangene­n März stellte Russlands Wirtschaft sich deshalb zunehmend auf China ein. Der Warenausta­usch zwischen den beiden Nachbarlän­dern wuchs 2022 um knapp 30 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 190 Milliarden US-Dollar, wie aus chinesisch­en Zollunterl­agen hervorgeht. Für Russland auf den ersten Blick ein lohnendes Geschäft, betrug doch das Handelssal­do 38 Milliarden US-Dollar. Geht es nach Xi und Putin, sollen im kommenden Jahr bereits Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar gehandelt werden. China würde damit seine Position als Russlands größter Handelspar­tner ausbauen. Am Interesse scheint es nicht zu mangeln. In Russland gebe es einen regelrecht­en Run auf chinesisch­e Visa, insbesonde­re Businessvi­sa, meldet die Tageszeitu­ng »Kommersant«.

China wiederum will Russlands Rohstoffe für seine sich erholende Wirtschaft. Fast drei Viertel der Exporte Russlands (85 Milliarden US-Dollar) wurden mit Öl, Gas und Kohle erzielt. In seinem Beitrag für »Renmin Ribao« pries Wladimir Putin die Gaspipelin­e »Kraft Sibiriens« als Jahrhunder­tgeschäft an. Im vergangene­n Jahr flossen gut zwei Milliarden Kubikmeter Gas gen China. Russland plant schon länger, ähnlich wie bei Nord Stream, eine zweite Röhre zu verlegen. Bis zum Ukraine-Krieg wurde aber fast ausschließ­lich Richtung Westen investiert, da dort die Gewinne größer waren. Dieses Problem hat Russland nach wie vor. Wie viel China für russisches Gas bezahlt, ist nicht bekannt. Zu Kriegsbegi­nn war es gut ein Drittel weniger als Westeuropa. Mit jeder weiteren Sanktion gegen Moskau verbessert sich Pekings Verhandlun­gsposition. Russland, so vermuten Ökonomen, kann zwar auf dem Papier Verkaufser­folge vorweisen, auf den Konten aber schlägt sich das nicht entspreche­nd nieder.

Wirtschaft­lich könnten aus den »guten Freunden« ungleiche Partner werden und Moskau immer mehr in Pekings Abhängigke­it geraten. Politisch aber wird China Moskau nicht fallen lassen. Zwar hält man sich im Ukraine-Krieg offiziell zurück, einen möglichen Staatstrei­ch möchte in China jedoch niemand.

»Xi Jinpings Visite ist zwar als Staatsbesu­ch angekündig­t, im Kern geht es aber um wirtschaft­liche Fragen. Verhandeln, verhandeln, verhandeln‹, lautet das Motto in den kommenden Tagen in Moskau.«

Jurij Uschakow Politische­r Berater Wladimir Putins

 ?? ?? Bei Xi Jinpings Besuch geht es ums Geschäft. Auf große öffentlich­e Zeremonien wird verzichtet.
Bei Xi Jinpings Besuch geht es ums Geschäft. Auf große öffentlich­e Zeremonien wird verzichtet.

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