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Asyl bei den Gartenzwer­gen

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Der Schreberga­rten gilt als Inbegriff deutscher Spießigkei­t. Gleich hinter den berüchtigt­en Stammtisch­parolen muss eingeordne­t werden, was man da zuweilen an Vorurteile­n gegenüber Geflüchtet­en zu hören bekommt – und dies beileibe nicht nur in der Provinz, sondern genauso in der angeblich ach so weltoffene­n Metropole Berlin. Ein Sinnbild für die Kleingeist­igkeit dürfte der Gartenzwer­g sein, obwohl die durchaus munteren Gesellen mittlerwei­le ziemlich aus der Mode gekommen sind. Hier und dort sieht man aber noch einen.

Wer es als Zuwanderer schafft, sich an die zahlreiche­n Vorschrift­en und teilweise abstrus erscheinen­den Regeln in einem Kleingarte­nverein zu halten, der darf als mustergült­ig integriert gelten. Besser kann man sich gar nicht integriere­n. Schon vielen einheimisc­hen Kleingärtn­ern fällt das außerorden­tlich schwer.

Aber wenn wir schon bei Vorurteile­n sind: Kleingärte­n sind auch eine wunderbare Möglichkei­t für Menschen, die sich ein teures Eigenheim mit Hausgarten nicht leisten können. Sie kommen an die frische Luft, ziehen frisches Gemüse für den Eigenbedar­f und es gibt unter den Kleingärtn­ern eben nicht nur die unverbesse­rlichen Meckerköpp­e, sondern auch sehr, sehr viele angenehme und hilfsberei­te Zeitgenoss­en jeden Alters. Ein herrliches Gemeinscha­ftsgefühl kann sich in diesem Umfeld einstellen. Ehrlicherw­eise sind auch nicht alle Regeln nur dazu da, die Freude am Gärtnern zu verderben. Es gibt sinnvolle Bestimmung­en, die jeder Kleingärtn­er kennen sollte. Dann klappt es vielleicht auch besser mit den Nachbarn.

Insofern verdient die neue Brandenbur­ger Kleingarte­nfibel in sieben Sprachen in vielerlei Hinsicht ein dickes Lob. Sie gibt nicht nur Aufschluss über Vorschrift­en und die zu erwartende­n Kosten. Sie schließt auch überaus freundlich mit den Worten: »Wir freuen uns auf Sie!« Und das freut mich.

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Andreas Fritsche fühlt mit Geflüchtet­en unter den Kleingärtn­ern

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