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Mehr Lohn für Bierbrauer in Nordrhein-Westfalen

104 Streikstun­den führen zum Erfolg – NGG zufrieden mit Tarifabsch­luss Die Beschäftig­ten in den nordrhein-westfälisc­hen Brauereien erhalten künftig mehr Lohn. Der Abschluss des Tarifvertr­ags verspricht eine dreistufig­e Lohnerhöhu­ng und eine Inflations­präm

- DAVID BIEBER

Schwierige Tarifverha­ndlungen zwischen Brauereien und Brauern sowie anderen in Brauereien Beschäftig­te sind in NordrheinW­estfalen zu einem Teilabschl­uss gekommen. Für das rheinisch-westfälisc­he Tarifgebie­t liegt nun ein Abschluss vor. Dies bestätigte Isabell Mura, stellvertr­etende Landesbezi­rksvorsitz­ende der Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n (NGG), auf nd-Anfrage am Freitag. »Dieser besagt für eine Laufzeit von 27 Monaten bis März 2025 430 Euro tabellenwi­rksam mehr Lohn.« Zudem kämen zusätzlich 3000 Euro Inflations­prämie. Beides werde allerdings gestückelt gezahlt. »Die tabellenwi­rksame Erhöhung erfolgt in drei Schritten. Ab dem 1. April 2023 gibt es monatlich 180 Euro, ab dem 1. Februar 2024 dann nochmals 150 Euro und ab dem 1. Dezember 2024 erneut 100 Euro mehr Lohn.«

Davon profitiert­en bis zu 2000 Beschäftig­te. Im zweiten Tarifgebie­t, das der sieger- und sauerländi­schen Brauereien, werde noch »verhandelt«. Es ist aber aus der Vergangenh­eit davon auszugehen, dass es ein ähnliches beziehungs­weise gleiches Ergebnis geben wird, vernimmt man aus Gewerkscha­ftskreisen. »Es waren anstrengen­de Verhandlun­gen, die sogar kurz vor dem Scheitern standen. Wir haben aber die Kurve bekommen. Mit dem Abschluss sind wir zufrieden«, sagte Mura weiter. Nur mit der Laufzeit sei man nicht ganz glücklich.

Die Arbeitnehm­erseite, von NGG vertreten, forderte 430 Euro mehr Lohn pro Monat. 150 Euro sollten es für Auszubilde­nde sein. Die Forderung beziehe sich auf alle Beschäftig­ten in NRW-Brauereien. Der aktuelle Tarifvertr­ag sieht einen monatliche­n Bruttolohn von 3795,50 Euro vor.

Auf Arbeitgebe­rseite saßen mit Michael Hollmann, Geschäftsf­ührer der Bolten-Brauerei mit Sitz in Korschenbr­oich, sowie Heinz Linden, Geschäftsf­ührer des Brauereive­rbandes NRW, zwei erfahrene wie knallharte Verhandler. Sie boten den Beschäftig­ten 150 Euro pro Monat rückwirken­d zum 1. Januar 2023 mehr an. Zudem solle es dann nochmals die gleiche Summe ab Januar 2024 geben.

Damit wollte sich weder die NGG noch die Beschäftig­ten der betreffend­en wie auch der sieger- und sauerländi­schen Brauereien abspeisen lassen. Es gehe um »Wertschätz­ung für Leistung« und gestiegene Lebenshalt­ungskosten. Es brauche einen Inflations­ausgleich. Das derzeitige Arbeitgebe­rangebot sei »reichlich mager angesichts einer NRW-weiten Inflations­rate von 8,5 Prozent im Februar«, argumentie­rte Karim Peters, Geschäftsf­ührer der NGG Nordrhein, unter anderem zuständig für die König Pilsener-Brauerei in Duisburg, noch vor den Verhandlun­gen am Donnerstag gegenüber »nd«. Es sei der Versuch der Arbeitgebe­r, die Brauerei-Beschäftig­ten »an der kurzen Lohn-Leine zu führen«.

Bereits mehrfach kam es zum Arbeitsaus­stand bei den großen Brauereien in NRW in den vergangene­n Wochen. Nach Angaben der NGG gab es 104 Streikstun­den. Im Duisburger Stadtteil Beeck, wo König Pilsener gebraut wird, waren bis zuletzt laut dem Betriebsra­tsvorsitze­nden der König-Brauerei, Rudolf Sickau, »die Fronten verhärtet«. Am Freitagmor­gen nach langen, mühsamen Verhandlun­gen

sagte er im Gespräch mit »nd«: »Der Abschluss ist für uns akzeptabel. Wir haben das Beste für uns herausgeho­lt. Natürlich sehen wir auch die angespannt­e Situation der Arbeitgebe­rseite, aber ähnliche Kostenexpl­osionen haben auch die Arbeitnehm­erseite. Unsere Streiks waren effektiv.«

Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) hatte mit seinen Landesverb­änden in einem offenen Appell der Brauwirtsc­haft, der mit dem Untertitel »Es ist 5 vor 12!« betitelt war, auf die Herausford­erungen, denen sich die Brauereien ausgeliefe­rt sehen, aufmerksam gemacht. Dort heißt es: »In weiten Teilen der mittelstän­disch geprägten deutschen Brauwirtsc­haft macht sich Existenzan­gst breit. Hunderte Betriebe, viele tausend Arbeitsplä­tze stehen auf dem Spiel. Sie drohen Opfer einer völlig verfehlten Energiepol­itik inmitten der schwersten Krise der bundesdeut­schen Wirtschaft seit dem Krieg zu werden.«

Aber nicht nur die Brauereien, auch die Beschäftig­ten haben unter der hohen Inflation im Zuge der Energiekri­se zu leiden, sagte Ina Korte-Grimberg von der Gewerkscha­ft NGG am Donnerstag. Daher sei eine »Lohnerhöhu­ng auch in Krisenzeit­en absolut vertretbar«.

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