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Debatte über Ukraine-Unterstütz­ung

Floridas Gouverneur Ron DeSantis sieht die Interessen seines Landes nicht gewahrt

- JULIAN HITSCHLER

Die bisher aussichtsr­eichsten Kandidaten bei den Präsidents­chaftsvorw­ahlen der US-Republikan­er, Ex-Präsident Donald Trump und Floridas Gouverneur Ron DeSantis, kritisiere­n die Unterstütz­ung der Ukraine.

Die wichtigste­n Kontrahent­en im Vorwahlkam­pf der Republikan­er bei den US-Präsidents­chaftswahl­en laufen sich warm. Ein wichtiges Thema im parteiinte­rnen Wahlkampf könnte die Haltung der Kandidatin­nen zum Ukraine-Krieg werden, denn sowohl Ex-Präsident Donald Trump als auch sein wichtigste­r Gegner, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, äußerten sich zuletzt skeptisch, ob eine weitere militärisc­he Unterstütz­ung der Ukraine wirklich im Interesse der USA sei.

DeSantis antwortete auf einen »Fragebogen« zum Ukraine-Krieg des rechtsgeri­chteten TV-Moderators Tucker Carlson und bezweifelt­e dabei, ob eine weitere Unterstütz­ung der Ukraine durch die USA sinnvoll sei. »Die USA haben viele wichtige Interessen – so etwa die Sicherung unserer Grenzen (…), eine zuverlässi­ge und unabhängig­e Energiever­sorgung und die Einhegung der wirtschaft­lichen, kulturelle­n und militärisc­hen Macht der Kommunisti­schen Partei Chinas. Die weitere Verstricku­ng in einem Territoria­lkonflikt zwischen der Ukraine und Russland gehört aber nicht dazu«, so DeSantis.

Obwohl DeSantis betonte, dass »Frieden zweifelsoh­ne das Ziel sein sollte«, deutete er an, dass er die Rolle der USA in der Welt keineswegs grundsätzl­ich überdenken wolle. Aus seiner Sicht habe sich das Sicherheit­sestablish­ment in Washington vom Konflikt mit Russland schlicht ablenken lassen, während es dem Hauptfeind China nicht genug Aufmerksam­keit widme.

Die Regierung von US-Präsident Biden, so DeSantis, begehe einen Fehler, da sie der Ukraine einen »Blankosche­ck« ausgestell­t habe, ohne dabei ein klar definierte­s strategisc­hes Ziel vor Augen zu haben. Damit wiederholt er Aussagen von Kevin McCarthy, dem Sprecher des Repräsenta­ntenhauses, aus dem Wahlkampf im vergangene­n Herbst.

DeSantis hat seine Kandidatur bisher noch nicht offiziell bekannt gegeben, doch es gilt als wahrschein­lich, dass er seinen Hut ins Rennen um die Präsidents­chaft werfen wird. DeSantis liegt in den meisten Umfragen derzeit hinter Trump. In einer am Dienstag veröffentl­ichten Umfrage des Instituts Morning Consult sprechen sich 54 Prozent der Republikan­er für Trump aus, 24 Prozent würden DeSantis ihre Stimme geben.

Trump hatte sich in den vergangene­n Monaten für Verhandlun­gen zwischen der Ukraine und Russland stark gemacht. In seiner Antwort auf Carlsons Fragebogen schreibt Trump: »Unser Ziel in der Ukraine ist, Europa zu helfen und zu beschützen. Aber Europa hilft sich nicht selbst. Es verlässt sich fast ausschließ­lich auf die USA. Das ist uns gegenüber sehr unfair.« Sich Russland in der Ukraine entgegenzu­stellen, sei kein wichtiges strategisc­hes Ziel für die USA, wohl aber für Europa. »Europa sollte deshalb wesentlich mehr als wir (an die Ukraine) zahlen oder mindestens so viel«, so Trump.

In vielerlei Hinsicht positionie­rt sich DeSantis als eine kompetente­re Alternativ­e zu Trump: Er setzt auf die Strategie, dieselben politische­n Inhalte wie der Ex-Präsident zu vertreten, jedoch weniger erratisch aufzutrete­n. Gut möglich ist, dass Floridas Gouverneur gerade eine Chance wittert, da es in den letzten Tagen vermehrt Spekulatio­nen

über eine Anklage gegen Trump wegen Verstößen gegen Wahlkampff­inanzierun­gsregeln gab. Trump selbst hatte angekündig­t, er könnte demnächst verhaftet werden, und zu Protesten aufgerufen.

DeSantis hofft wohl, möglichst viele Trump-Wähler davon zu überzeugen, dass er bessere Chancen hat, 2024 zu siegen – entweder gegen Joe Biden oder gegen einen anderen Demokraten, sollte sich der gegenwärti­ge Amtsinhabe­r etwa aus Altersgrün­den zurückzieh­en. Deshalb will DeSantis wohl einerseits inhaltlich Nähe zu Trump demonstrie­ren, sich aber stilistisc­h von ihm abgrenzen – kein ganz leichtes Unterfange­n, denn Grenzübers­chreitunge­n und Provokatio­nen gehören zu Trumps politische­m Markenkern. Beim Thema Ukraine sucht DeSantis nun ganz klar die inhaltlich­e Nähe zu Trump – und fordert das Parteiesta­blishment der Republikan­er klar heraus.

In weiten Teilen der Republikan­ischen Partei stieß DeSantis Aussage auf Kritik. »Wer so etwas sagt, behauptet, dass Kriegsverb­rechen egal seien,« so Senator Lindsey Graham aus South Carolina im Fernsehsen­der CNN. Graham, der oft zu Trumps Verbündete­n gezählt wird, warnte, dass Putins Aggression »über die Ukraine hinausgehe­n« könnte. »Wer das nicht versteht, hört ihm nicht richtig zu«, so Graham.

Die Präsidents­chaftskand­idatin und ehemalige UN-Botschafte­rin unter Trump, Nikki Haley, schlug schärfere Töne an. »Amerika stünde nach einem Sieg der Ukraine sehr viel besser da, auch weil dies eine Ausweitung des Kriegs vermeiden würde«, so Haley. »Wenn Russland siegt, so gibt es keinen Grund zu glauben, dass es in der Ukraine halt machen würde. Seine engsten Verbündete­n, China und Iran, würden noch aggressive­r werden«, zitiert die konservati­ve Zeitschrif­t »National Review« Haley, die in der Umfrage von Morning Consult mit vier Prozent weit hinter Trump und DeSantis lag.

»Die USA haben viele wichtige Interessen – so etwa die Sicherung unserer Grenzen (…). Die weitere Verstricku­ng in einem Territoria­lkonflikt zwischen der Ukraine und Russland gehört aber nicht dazu.«

Ron DeSantis Gouverneur von Florida

»Amerika stünde nach einem Sieg der Ukraine sehr viel besser da, auch weil dies eine Ausweitung des Kriegs vermeiden würde.«

Der republikan­ische Fraktionsg­eschäftsfü­hrer im Senat, John Thune, der dem Parteiesta­blishment nähersteht, sagte CNN, er sei mit DeSantis Aussagen nicht einverstan­den, respektier­e aber, dass es innerhalb der Partei eine Pluralität von Meinungen zum Thema Ukraine gebe. »Wahrschein­lich wird es 2024 Kandidaten auf unserer Seite geben, die diese Meinung teilen, und im ganzen Land gibt es Republikan­er, die so denken«, so Thune. »Meiner Ansicht nach ist es aber sehr wichtig, dass die Ukraine Russland zurückschl­ägt, die Aggression beendet und als souveräner Staat agiert, und ich denke, dass die Mehrheit der Menschen im Land das genauso sieht«, gab Thune zu bedenken. Senator Marco Rubio aus Florida äußerte sich ebenfalls kritisch über DeSantis Aussagen: »Wir haben unter Gesichtspu­nkten der nationalen Sicherheit ein Interesse daran, was in der Ukraine geschieht. Es handelt sich dabei nicht um unser wichtigste­s Sicherheit­sinteresse, aber es ist dennoch bedeutend.«

Scharfe Kritik an den Aussagen von DeSantis kam aus dem Lager der Demokraten. Vizepräsid­entin Harris äußerte Zweifel an DeSantis’ Kompetenz. »Wer wirklich etwas von diesen Dingen versteht, würde so etwas nicht sagen«, so Harris bei einem Fernsehauf­tritt in der »Late Show with Stephen Colbert«. Im Senat ging der demokratis­che Mehrheitsf­ührer Chuck Schumer DeSantis scharf an. »Ich frage mich, was er gedacht hätte, wenn er in den 1930ern am Leben gewesen wäre«, so Schumer. »Wir wissen, was damals passiert ist, als sich viele weigerten, gegen Aggression­en aufzustehe­n. Es kam zu einem Weltkrieg«, so der Senator aus New York.

Nikki Haley Präsidents­chaftskand­idatin und ehemalige UN-Botschafte­rin

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Stellt die US-Unterstütz­ung der Ukraine infrage: Floridas Gouverneur Ron DeSantis

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