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Preiswerte Wohnungen und Mittagesse­n für Kinder

Linksfrakt­ion fordert Entlastung­en. Die Koalition reagiert reserviert Brandenbur­gs opposition­elle Linksfrakt­ion präsentier­t einen Aktionspla­n gegen Wohnungslo­sigkeit. Wie viele Obdachlose es im Bundesland gibt, ist nicht bekannt.

- MATTHIAS KRAUSS

Ende des vergangene­n Jahres waren knapp 1300 Menschen im Land Brandenbur­g wohnungslo­s. Fast die Hälfte der Betroffene­n, exakt 615 Personen, entfallen auf die Stadt Potsdam. Das sagte die Landtagsab­geordnete Isabelle Vandré (Linke) am Dienstag. »Fast ein Drittel von ihnen ist minderjähr­ig«, setze sie hinzu. Dabei berief sie sich auf eine Studie der Bundesregi­erung. In Brandenbur­g/ Havel wurden 150 Wohnungslo­se gezählt, in Cottbus 105.

Wohnungslo­s in diesem Sinne sind aber nicht Menschen, die auf der Straße leben, sondern jene, die ihre Wohnungen verloren haben und von Kommunen erst einmal behelfsmäß­ig untergebra­cht sind. Sie können tatsächlic­h genau gezählt werden. Den beträchtli­chen Anteil Potsdams an Wohnungslo­sen erklärte Vandré mit den besonders hohen Mietkosten in der Landeshaup­tstadt, die vor allem Familien mit Kindern zum Verhängnis werden. Wenn Familien viele Kinder haben, dann entstehen oft Konflikte mit Nachbarn oder Vermietern. Für die Hinausgewo­rfenen steht zumeist keine neue angemessen­e Wohnungen zur Verfügung.

Wie viele Menschen verdeckt wohnungslo­s lebten, sei jedoch nach wie vor unbekannt, fügte die Politikeri­n hinzu. »All jene Menschen, die bei Freunden, Verwandten oder Bekannten untergekom­men sind, sowie Obdachlose, die auf der Straße leben, werden statistisc­h dabei nicht erfasst.« Und weiter: »Ebenfalls unerfasst bleiben Menschen, die zum Stichtag in Pflegeeinr­ichtungen, Frauenhäus­ern, Suchtklini­ken oder betreuten Wohnungen der Jugendhilf­e leben.«

Aufgrund unzureiche­nder Beratungs- und Unterstütz­ungsangebo­te seien sie nach dem Verlassen der jeweiligen Einrichtun­g häufig von Wohnungslo­sigkeit bedroht. Dieses Problem werde den Kommunen übergeholf­en.

Langfristi­g würde nur der Neubau bezahlbare­r Wohnungen das Problem verringern können. Vandre sprach sich dafür aus, aktiv auf solche Menschen zuzugehen, da sie oft nicht in der Lage seien, auf schriftlic­he Informatio­nen zu reagieren. »Hinzu kommt, dass aufgrund der akuten Preissteig­erungen in vielen Bereichen des Lebens die Wohnungslo­sigkeit eine ernste Bedrohung für immer mehr Menschen darstellt.«

Die Kostenexpl­osion, die gerade der ärmeren Bevölkerun­g zu schaffen macht, ist für die Linksfrakt­ion auch Anlass für eine weitere Initiative. Im Landtag hat sie beantragt, allen Kindern in Kita, Hort und Schule die kostenlose Mittagsspe­isung zu gewähren. Das würde den Worten von Linke-Fraktionsc­hef Sebastian Walter zufolge 120 Millionen Euro jährlich kosten. Die Lebensmitt­elpreise hätten sich binnen weniger Monate um 50 Prozent erhöht, begründete er die Notwendigk­eit dieser Entlastung. Diese höheren Preise würden von den Lieferante­n an die Kitas, Horte und Schulen weitergege­ben. Walter schilderte den Fall einer Familie mit vier Kindern, die dem ältesten Sohn das Essensgeld für die Schule gestrichen habe, damit es für die jüngeren weiterhin reiche. »Das kann nicht sein«, sagt er.

Ausdrückli­ch will Walter keine Differenzi­erung zwischen Kindern aus armen und wohlhabend­en Elternhäus­ern. In den Genuss des kostenfrei­en Essens sollen alle kommen. Das sehen die Vertreter der Koalition anders. Der Schwerpunk­t für die Koalition sei die Abmilderun­g sozialer Härten, sagte SPD-Fraktionsc­hef Daniel Keller. Er verwies auf das von der Koalition beschlosse­ne Teilhabepa­ket, das die kostenlose Speisung bedürftige­r Kinder sicherstel­le.

Für die CDU sagte der Fraktionsv­orsitzende Jan Redmann, der Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n sei mit der Erweiterun­g der Wohngeldza­hlungen sogar deutlich vergrößert worden. So könne praktisch der Fall nicht eintreten, dass Menschen ungebührli­ch zur Kasse gebeten würden, die ganz knapp über der Grenze zum Sozialfall lägen.

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