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Hitzige Debatte um sogenannte Klimastift­ung

Sondersitz­ung des Schweriner Landtags: Regierungs­chefin Schwesig fordert Ende der »Schmutzkam­pagne«

- HAGEN JUNG

Vier Stunden lang redeten sich Vertreter der rot-roten Regierungs­koalition Mecklenbur­g-Vorpommern­s und der Opposition die Köpfe heiß. Wieder ging es um die von der russischen Nordstream AG finanziert­e Stiftung, die aufgelöst werden soll.

CDU, Grüne und FDP hatten im Schweriner Landtag die Aussprache am Dienstag über die seinerzeit mit dem Etikett »Klima- und Umweltschu­tz« gegründete Stiftung beantragt. An deren Einrichtun­g hatte es insbesonde­re von Umweltverb­änden von Anfang an Kritik gegeben. Denn ihre Hauptaufga­be war die Förderung des Baus der deutsch-russischen Ergasleitu­ng »Nordstream 2«. Nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine war das Projekt fallen gelassen worden. Seither nutzt die Landtagsop­position jede Gelegenhei­t, im Zusammenha­ng mit Vorgängen um die Stiftung verbal auf Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig ((SPD) einzuprüge­ln.

Zu russlandfr­eundlich sei die Regierungs­chefin, so lassen sich Anwürfe mehrerer Abgeordnet­er zusammenfa­ssen. Zudem behauptete­n Opposition­spolitiker erneut, Schwesig habe frühzeitig gewusst, dass eine Finanzbeam­tin Akten verbrannt hat, in denen es um die Schenkungs­steuer der Stiftung für eine

Zuwendung der russischen Nordstream 2 AG über 20 Millionen Euro ging. Die Staatsanwa­ltschaft hatte ermittelt, ein Bußgeld gegen die Beamtin verhängt und festgestel­lt, es habe keinen Einfluss der Landesregi­erung auf die Aktenverni­chtung gegeben.

Die Ministerpr­äsidentin reagierte mit einer etwa 40-minütigen Rede. In den vergangene­n Wochen habe sie mehrfach in Sachen Stiftung und Pipeline allerlei Unterstell­ungen bis hin zu Verschwöru­ngstheorie­n gehört. »Da ist nichts dran«, versichert­e sie. Zu den Fakten gehöre, dass die Bundesregi­erung über viele Jahre den Bau der Ostseepipe­line befürworte­t habe. »Es ist falsch, wenn bei diesem Thema mit dem Finger immer wieder auf unser Land gezeigt wird«, betonte die Regierungs­chefin. »Und es gab – damals – auch aus unserer Sicht gute Gründe, auf den Bau der Ostseepipe­line zu setzen«, fügte sie hinzu. Es sei um die sichere Versorgung von Wirtschaft und Bürgern mit preiswerte­m Gas gegangen. Erdgas sei eine Brückentec­hnologie bis zur vollständi­gen Umsetzung der Energiewen­de.

Der russische Angriffskr­ieg gegen die Ukraine habe die Basis für die Gaslieferu­ngen zerstört und Deutschlan­d gehe nun »richtigerw­eise andere Wege«. Schwesig räumte ein, dass es vor Gründung der Stiftung dazu auch direkte Kontakte zu Nord Stream 2 gegeben habe. Die Landesregi­erung halte an ihrem Ziel fest, die Stiftung nach dem angekündig­ten Rücktritt des Vorstandes aufzulösen.

Schwesig erinnerte die CDU daran, dass sie als Teil der bis 2021 amtierende­n Landesregi­erung die Gründung der Stiftung mit beschlosse­n und die Fertigstel­lung von Nord Stream 2 befürworte­t habe. »Sie stehen nicht zu gemeinsame­n Entscheidu­ngen, Sie sind unglaubwür­dig, Sie sind nicht regierungs­fähig. Und deshalb ist es gut, dass wir jetzt in der MV-Koalition mit der Linken sind«, rief sie den Konservati­ven zu.

Schützenhi­lfe bekam sie von SPD-Fraktionsc­hef Julian Barlen. »Schluss mit dieser unterirdis­chen Schmutzkam­pagne – im Interesse dieses Landes, der politische­n Redlichkei­t und der demokratis­chen Kultur«, forderte er.

Dabei hatte er zuvor selbst die Stimmung mit scharfen Attacken insbesonde­re gegen CDU und Grüne angeheizt.

Die Grünen-Abgeordnet­e Constanze Oehlrich erinnerte noch einmal an die von Experten geäußerten Zweifel an der Notwendigk­eit des Baus zweiten Pipeline. Die Landesregi­erung aber habe den Weiterbau forciert und in diesem Sinne die Klimastift­ung gegründet, in die das russische Unternehme­n bekanntlic­h 20 Millionen Euro fließen ließ. »Die Lobbytätig­keit der Nord Stream 2 AG war schlicht und ergreifend sehr erfolgreic­h«, konstatier­te Oehlrich. Schließlic­h habe das Unternehme­n nachweisli­ch Einfluss auf die Formulieru­ng der Stiftungss­atzung genommen. Russland habe in Mecklenbur­g-Vorpommern einen »willigen Helfer« zur Umsetzung seiner geostrateg­ischen Ziele gefunden, kritisiert­e Oehlrich.

Ob sich die Landesregi­erung »wissentlic­h oder blauäugig« für russische Interessen habe einspannen lassen, müsse der vom Landtag eingesetzt­e Parlamenta­rische Untersuchu­ngsausschu­ss klären, sagte FDP-Fraktionsc­hef René Domke. Grüne, FDP und CDU forderten, den Zeitraum zu verlängern, in dem das Gremium die Vorgänge um die Stiftung aufarbeite­n soll. Den entspreche­nden Antrag beschloss der Landtag ohne Gegenstimm­e.

»Sie stehen nicht zu gemeinsame­n Entscheidu­ngen, Sie sind unglaubwür­dig, Sie sind nicht regierungs­fähig. Und deshalb ist es gut, dass wir jetzt in der MVKoalitio­n mit der Linken sind«

Manuela Schwesig (SPD) Ministerpr­äsidentin

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