EU-Kommission plant »Recht auf Reparatur«
Verbraucher sollen beim Kauf informiert werden, ob Schäden behoben werden können
Elektronik gehört zu den am schnellsten wachsenden Abfallquellen. Dies liegt vor allem daran, dass der Reparatur defekter Geräte bisher viele Steine in den Weg gelegt werden.
Wenn der Staubsauger nicht mehr saugt oder die Waschmaschine nicht mehr wäscht, stehen viele vor einem Dilemma. Eine Reparatur ist oft nicht möglich – oder teurer als der Kauf eines neuen Geräts. Das soll sich in der EU nun ändern. Am Mittwoch veröffentlichte die Kommission einen Entwurf, der ein »Recht auf Reparatur« für Elektrogeräte vorsieht. Künftig solle es »für die Verbraucher einfacher und kostengünstiger werden, Waren zu reparieren statt zu ersetzen«, so ein Sprecher der EU-Kommission.
Der Vorschlag soll dafür sorgen, dass mehr Produkte repariert werden. So will Brüssel verhindern, dass Geräte unnötig weggeworfen werden. Das Ganze ist Teil eines »Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft«, den die Kommission bereits 2020 beschlossen hatte. Vize-Präsident Frans Timmermans beklagte damals, dass die EU-Wirtschaft »überwiegend linear gestaltet« sei und nur zwölf Prozent der Sekundärstoffe und -ressourcen wieder in die Wirtschaft zurückgelangten.
Dass seitdem drei Jahre ins Land gegangen sind, lag auch am heftigen Gegenwind von den einschlägigen Lobbygruppen. Konzerne fürchten hier um ihre Gewinnmargen. Zumal es schwer werden könnte, bestimmte Geräte überhaupt zu verkaufen. Denn nach den Plänen der Kommission sollen Verbraucher*innen bereits beim Kauf informiert werden, ob ein Gerät repariert werden kann oder nicht. Zudem sollen kostengünstige Möglichkeiten geschaffen werden, reparierbare Produkte wie Waschmaschinen auch tatsächlich wieder instandzusetzen.
Später soll das auch für Tablets und Smartphones gelten. Wenn sich die Kommission mit ihrem Vorschlag durchsetzt, sollen Käufer*innen auch nach Ablauf der Garantie bei den Herstellern die Reparatur von Produkten einfordern können. Das soll aber nicht gelten, wenn dies teurer wäre als ein Austausch. Zudem sollen sich die Kund*innen auf nationalen Online-Vermittlungsplattformen über Reparaturdienste informieren können.
Die Zahlen geben der Kommission recht: Laut einer Eurobarometer-Umfrage würden fast 80 Prozent der Verbraucher*innen in der EU ihre Geräte lieber selbst reparieren (lassen) können, als neue zu kaufen. Aufgrund hoher Reparaturkosten und des oft schlechten Services müssen sie ihre defekten Geräte aber meist ersetzen oder entsorgen. Das gehört zum Kalkül der Konzerne, die es den Kunden oft schwer machen, hier selbst Hand anzulegen. Das EU-Parlament verwies in einer Stellungnahme auf »ein weiteres Hindernis für einen nachhaltigeren Konsum«. Es geht um die sogenannte Obsoleszenz: Demnach seien »einige Produkte so konzipiert, dass sie nach einer bestimmten Zeit oder Nutzungsdauer nicht mehr funktionieren. In einigen Fällen sind die Komponenten der Geräte so befestigt, dass sie nicht herausgenommen und ersetzt werden können«, kritisiert das Parlament. Auch hier müsste der Gesetzgeber Abhilfe schaffen.
Die NGO Right to Repair Europe verwies in einer Stellungnahme darauf, dass die Zahl der Haushaltsgeräte, die innerhalb von fünf Jahren nach dem Kauf ausfallen, in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen ist. Gefordert wird deshalb, die Garantiezeiten auszuweiten, um die Konzerne zu mehr Qualität zu verpflichten. Doch hier traute sich die Kommission nicht ran. Grüne und Linke im EUParlament kündigten bereits an, sich in den anstehenden Verhandlungen für eine Ausweitung der Gewährleistung einzusetzen.
Gerade Smartphone und Laptops sind schnell veraltet. Spätestens wenn die Herstellerfirmen keine Updates mehr bereitstellen, muss das Gerät entsorgt werden. Nach Angaben des Parlaments ist die Elektronik daher »die am schnellsten wachsende Abfallquelle in der EU«. Allein im Jahr 2017 wurden demnach mehr als 3,5 Millionen Tonnen gesammelt, von denen nur 40 Prozent recycelt wurden. Ein großer Teil des teils extrem giftigen Elektroschrotts wird nach Afrika verschifft. Etwa nach Ghana, wo Kinder und Jugendliche den Schrott ausschlachten. »Sie schmelzen Kabel und Platinen und verkaufen dann das Metall, das darin verarbeitet ist: Kupfer, Aluminium, Zinn«, heißt es in einem Beitrag der »Tagesschau«. Ob das »Recht auf Reparatur« die illegalen Giftmüllexporte irgendwann unrentabel macht, wird sich zeigen.