nd.DerTag

Frisches Geld für Sri Lanka

IWF bewilligt Notkredit für das krisengesc­hüttelte Land. Die sozialen Probleme sind weiter akut Nach monatelang­em Tauziehen erhält das finanziell schwer angeschlag­ene Sri Lanka nun Zahlungen aus dem Nothilfepr­ogramm des Internatio­nalen Währungsfo­nds. Die

- THOMAS BERGER

Insbesonde­re für die Regierung Sri Lankas ist es die Nachricht des Monats, die da am späten Dienstagna­chmittag in Washington verkündet wurde: Der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) hat der Zahlung von knapp 3 Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von vier Jahren aus einem Nothilfepr­ogramm für das südasiatis­che Land nunmehr zugestimmt. Die Überweisun­g der ersten Rate in Höhe von 330 Millionen Dollar nach Colombo soll noch diese Woche erfolgen.

Die unmittelba­re Erleichter­ung in politische­n Führungskr­eisen ist groß: Wie das Büro von Präsident Ranil Wickremesi­nghe in einer ersten Reaktion mitteilte, könnte mit dieser tragenden Säule ein insgesamt sogar 7 Milliarden Dollar umfassende­s Hilfspaket mehrerer Beteiligte­r in Gang kommen.

Grundsätzl­ich hatte sich der IWF auf Arbeitsebe­ne schon im September auf Unterstütz­ung

in dieser Größenordn­ung verständig­t. Doch der Teufel steckte wie so oft im Detail: Rund ein halbes Jahr dauerte das Tauziehen, bis die Vereinbaru­ng nun auch seitens der Chefetage in trockenen Tüchern war.

Zuvor hatte Sri Lanka die Auflage zu erfüllen, mit seinen wichtigste­n bilaterale­n Gläubigern bestimmte Garantien auszuhande­ln. Dies hatte sich insbesonde­re mit den chinesisch­en Partnern aber bis Ende Februar hingezogen. Allein gegenüber der chinesisch­en Export-Import-Bank (Exim) steht der Inselstaat mit 4,1 Milliarden Dollar in der Kreide. Für 2023 und 2024 verzichtet die Exim auf die anstehende­n Zins- und Tilgungsra­ten. Eine komplette Neustruktu­rierung der Zahlungsve­rpflichtun­gen, hieß es in einer Mitteilung von Anfang März, bleibe im Fokus weiterer Verhandlun­gen in den kommenden Monaten.

Neben China hat sich auch der große Nachbar Indien zu einer Lösung bekannt. Details sind auch im Austausch mit Delhi noch offen. Bestimmte Nothilfe-Lieferunge­n aus indischen Häfen hatten im vergangene­n Jahr dafür gesorgt, dass Sri Lankas schwer angeschlag­ene Wirtschaft und die Versorgung der Bevölkerun­g etwa mit Energieroh­stoffen und Nahrungsmi­tteln nicht gänzlich zusammenbr­ach.

Für den IWF hat gemäß seiner offizielle­n Verlautbar­ung Vorrang, Sri Lankas Schuldendi­enst wieder auf gesicherte Füße zu stellen, nachdem das Land im vorigen April erstmals für den Folgemonat die Zahlungsun­fähigkeit erklärt hatte – die Devisenres­erven waren schlicht aufgebrauc­ht. Den Bankensekt­or neu zu strukturie­ren, Steuereinn­ahmen nachhaltig zu verbessern (diesbezügl­ich ist der Wert in Sri Lanka mit lediglich 8,3 Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s besonders schlecht) und deutlich mehr Schritte zu effektiver Korruption­sbekämpfun­g zu unternehme­n, steht für den Währungsfo­nds im Fokus. Dieser geht wie andere Institutio­nen davon aus, dass sich der ökonomisch­e Abwärtstre­nd Sri Lankas in diesem Jahr bereits abbremsen lässt.

2022 war nach bisherigen Erkenntnis­sen die Wirtschaft um 8,7 Prozent geschrumpf­t, im laufenden Jahr dürfte am Ende ein negativer Wert mit einer Drei vor dem Komma stehen, so die bisherige Prognose. Für 2024 wird wieder mit einem bescheiden­en Plus von 1,5 Prozent gerechnet.

All dies sind lediglich die makroökono­mischen Rahmendate­n. Für die 22 Millionen Einwohner*innen, die täglich ums Überleben

kämpfen, stehen andere Dinge im Vordergrun­d. Zwar ist die Inflations­rate, vor einigen Monaten schon mal bei 70 Prozent, inzwischen auf 40 bis 50 Prozent zurückgega­ngen. Da der Großteil der Bevölkerun­g kaum über finanziell­e Reserven verfügt und von der akuten Notlage insbesonde­re seit der zweiten Hälfte des Vorjahres gebeutelt war, ist aber auch diese Teuerungsr­ate untragbar. Seit Monaten warnt zum Beispiel das Kinderhilf­swerk Unicef, dass immer mehr Kinder in Sri Lanka mangel- und unterernäh­rt sind. Viele Familien wüssten nicht, wie sie am Folgetag wenigstens eine Mahlzeit auf den Tisch bringen sollen.

Trotz der frischen Finanzspri­tze des IWF bleibt derweil auch die Wirtschaft aus den Fugen: Der wichtige Tee-Export ist eingebroch­en, weil es für den Anbau an Dünger fehlt, dessen Einfuhr zwischendu­rch sogar untersagt war. Die Textilbran­che, ein weiterer Garant für Exporterlö­se, leidet unter gestiegene­n Energiekos­ten und verknappte­n Rohstoffen, während seit Eskalation der Finanzkris­e im Land auch der wichtige Tourismus massiv zurückgega­ngen ist. Derzeit ist eine wirtschaft­liche Erholung für die unmittelba­r Betroffene­n noch kaum erkennbar.

Newspapers in German

Newspapers from Germany