Wer würde da kommen?
Zu »Linke droht Spaltung in diesem Jahr«, 20.3., S. 4; online: dasnd.de/1171819
Zu Sahra Wagenknechts Überlegungen zur Gründung einer neuen Partei mag man stehen, wie man will. Die Frage, ob damit eine Spaltung des linken WählerInnenpotenzials verbunden wäre und welche Folgen das für die Repräsentanz dieses Potenzials in den Parlamenten hätte, kann noch nicht ausreichend entschieden werden.
Die wichtigere Frage ist aber doch, was für eine Partei mit der Neugründung entstehen würde. Wagenknecht weiß selbst, dass eine Partei nur wirken kann, wenn sie Strukturen aufbaut und hat. Das heißt, sie bräuchte für ihr Projekt Parteigruppen vor Ort; am besten Ortsgruppen, zumindest aber Kreisorganisationen, wenn es bis in die Orte hinein nicht reichen sollte. Und jetzt frage ich: Wer würde da so kommen, um sich zu engagieren?
Dass es nur unzufriedene Linke wären, ist wohl auszuschließen. Rechts würde mit Sicherheit aktiv werden, beginnend bei jenen, die sich auf der rechten Seite des Spektrums trotz Übereinstimmung in Forderungen (Frieden, Migration) nicht wirklich wohlfühlen, bis hin zur AfD, die so strategische Zielstellungen mit einer Unterwanderung der neuen Partei auf eine stärkere gesellschaftliche, weil auch politischorganisatorische Basis stellen könnte. Wer traute sich zu, das zu verhindern?
Wäre es da nicht besser, einem Trend zu folgen, der ohnehin an der Substanz aller Parteien nagt: Immer mehr engagieren sich Menschen in Einzelfragen und dazugehörigen Projekten und Aktionen. Parteizugehörigkeit spielt dabei oft kaum noch eine Rolle. Könnte man deshalb nicht einschlägigen Debatten innerhalb von Parteien (mit und trotz übergreifender Ziele) Raum geben? Die Parteien wären dann tatsächlich Orte politischer Willensbildung, die (zunächst auch kontroverse) Debatten braucht. Die Pflege einer solidarischen, kontroversenübergreifenden Debattenkultur wäre dann allerdings Voraussetzung gerade für eine Partei der Linken. Alles zusammen könnte pluralen Zuspruch zumindest für eine linke Partei genauso stärken wie den Profilgewinn. Ständiges Aufmischen der WählerInnenschaft zerstört nur Profilierung und verunsichert Zuwendung.
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