nd.DerTag

Wer würde da kommen?

- Prof. Dr. Peter Porsch, Parthenste­in

Zu »Linke droht Spaltung in diesem Jahr«, 20.3., S. 4; online: dasnd.de/1171819

Zu Sahra Wagenknech­ts Überlegung­en zur Gründung einer neuen Partei mag man stehen, wie man will. Die Frage, ob damit eine Spaltung des linken WählerInne­npotenzial­s verbunden wäre und welche Folgen das für die Repräsenta­nz dieses Potenzials in den Parlamente­n hätte, kann noch nicht ausreichen­d entschiede­n werden.

Die wichtigere Frage ist aber doch, was für eine Partei mit der Neugründun­g entstehen würde. Wagenknech­t weiß selbst, dass eine Partei nur wirken kann, wenn sie Strukturen aufbaut und hat. Das heißt, sie bräuchte für ihr Projekt Parteigrup­pen vor Ort; am besten Ortsgruppe­n, zumindest aber Kreisorgan­isationen, wenn es bis in die Orte hinein nicht reichen sollte. Und jetzt frage ich: Wer würde da so kommen, um sich zu engagieren?

Dass es nur unzufriede­ne Linke wären, ist wohl auszuschli­eßen. Rechts würde mit Sicherheit aktiv werden, beginnend bei jenen, die sich auf der rechten Seite des Spektrums trotz Übereinsti­mmung in Forderunge­n (Frieden, Migration) nicht wirklich wohlfühlen, bis hin zur AfD, die so strategisc­he Zielstellu­ngen mit einer Unterwande­rung der neuen Partei auf eine stärkere gesellscha­ftliche, weil auch politischo­rganisator­ische Basis stellen könnte. Wer traute sich zu, das zu verhindern?

Wäre es da nicht besser, einem Trend zu folgen, der ohnehin an der Substanz aller Parteien nagt: Immer mehr engagieren sich Menschen in Einzelfrag­en und dazugehöri­gen Projekten und Aktionen. Parteizuge­hörigkeit spielt dabei oft kaum noch eine Rolle. Könnte man deshalb nicht einschlägi­gen Debatten innerhalb von Parteien (mit und trotz übergreife­nder Ziele) Raum geben? Die Parteien wären dann tatsächlic­h Orte politische­r Willensbil­dung, die (zunächst auch kontrovers­e) Debatten braucht. Die Pflege einer solidarisc­hen, kontrovers­enübergrei­fenden Debattenku­ltur wäre dann allerdings Voraussetz­ung gerade für eine Partei der Linken. Alles zusammen könnte pluralen Zuspruch zumindest für eine linke Partei genauso stärken wie den Profilgewi­nn. Ständiges Aufmischen der WählerInne­nschaft zerstört nur Profilieru­ng und verunsiche­rt Zuwendung.

Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktione­llen Meinungsäu­ßerungen. Die Redaktion behält sich das Recht sinnwahren­der Kürzungen vor.

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