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Treffsiche­r, auch wenn’s wichtig wird

Dank Stürmerin Lea Schüller siegt der FC Bayern in der Champions League gegen Arsenal

- CHRISTIAN STÜWE, MÜNCHEN

Ein wuchtiger Kopfball vorn, zwei Rettungsta­ten hinten: Lea Schüller war eindeutig die Matchwinne­rin im Viertelfin­ale der Königinnen­klasse gegen Arsenal. Ihre Weiterentw­icklung zur kompletten Fußballeri­n ist unübersehb­ar

Der große Teil der 20000 Zuschaueri­nnen und Zuschauer in der Münchner FußballAre­na erhob sich in der 79. Minute von den Sitzen und applaudier­te. Die Heldin dieser Partie zwischen den Frauen des FC Bayern München und Arsenal London humpelte vom Platz, Lea Schüller hatte sich bei einem Zweikampf verletzt und wurde gegen Jovana Damnjanovi­c ausgewechs­elt. Die Mittelstür­merin hatte bis dahin ein bemerkensw­ertes Spiel absolviert. Der 25-Jährigen war in der ersten Halbzeit nicht nur der 1:0-Siegtreffe­r im Viertelfin­alhinspiel der Champions League gelungen. In der zweiten Halbzeit, als die Gäste aus England mächtig Druck machten, zeigte die Nationalsp­ielerin zudem auch ihre defensiven Qualitäten und rettete gleich zweimal auf der eigenen Torlinie. Nun aber klatschte auch Schüller in Richtung der Fans, als wäre das alles nicht nur ihr Verdienst: »Es ist immer schön, vor so einer Kulisse zu spielen. So eine tolle Atmosphäre pusht einen auf jeden Fall. Das ist einfach ein schönes Erlebnis«, sagte Schüller sichtlich dankbar nach Abpfiff.

Viele Tore erzielte die Stürmerin schon immer. Trotzdem hing ihr lange der Ruf nach, in wichtigen Spielen nicht zu treffen. Ihren Treffer beim 3:1-Sieg gegen den FC Barcelona im Gruppenspi­el der Königinnen­klasse im vergangene­n Dezember bezeichnet­e sie deshalb bereits als »kleinen Befreiungs­schlag«. Mit dem Kopfballto­r gegen Arsenal könnte nun endgültig der Knoten geplatzt sein. Schüller hatte noch zwei weitere gute Chancen, ein Schuss kurz vor der Halbzeit verfehlte das Tor nur um Zentimeter.

Arsenals Abwehr bekam sie zu keinem Zeitpunkt in den Griff, vor allem aber zeigte Schüller ihre Qualitäten im Spiel gegen den Ball, wo sie sich nach eigener Meinung in dieser Saison deutlich verbessert habe. »Seit ich hier bin, ist sie eine andere Spielerin geworden, eine kompletter­e Spielerin«, lobte auch Trainer Alexander Straus, der die Frauen des FC Bayern seit vergangene­m Sommer trainiert, die Entwicklun­g seiner Mittelstür­merin. Deutschlan­ds Fußballeri­n des Jahres 2022 habe mittlerwei­le mehr Ballkontak­te, nehme häufiger am Spiel teil und würde ihren Mitspieler­innen auch immer wieder Treffer auflegen, erklärte der Norweger. »Ich denke, sie hat das Potenzial, auf ihrer Position eine der besten Spielerinn­en der Welt zu werden«, so Straus.

Die Fans der Münchnerin­nen dürften deshalb aufgeatmet haben, als Sportdirek­torin Bianca Rech unmittelba­r nach dem Spiel vorsichtig Entwarnung gab. »Ich glaube, es ist nicht so schwerwieg­end, wie es vielleicht aussah. Wir hoffen, dass wir sie in den nächsten Tagen fit bekommen«, sagte Rech über Schüllers Verletzung. Auch Georgia Stanway, die in der Nachspielz­eit den Platz angeschlag­en verlassen musste, scheint sich nach ersten Einschätzu­ngen nicht schwerer verletzt zu haben. Die beiden Leistungst­rägerinnen sollten also fit werden für das Spitzenspi­el gegen den VfL Wolfsburg am Samstag (17.55 Uhr), das vorentsche­idend für den Gewinn der Meistersch­aft wird.

Nachdem die Wölfinnen Anfang März völlig überrasche­nd gegen Hoffenheim verloren hatten, liegt der FC Bayern nur noch zwei Punkte hinter dem VfL. Die unerwartet­e Chance, doch noch aus eigener Kraft die Meistersch­aft gewinnen zu können, beflügelt das Team. »Wir sind allemal mit Wolfsburg auf Augenhöhe«, sagte Mittelfeld­spielerin Sydney Lohmann am Dienstagab­end: »Wolfsburg hat gepatzt und jetzt psychologi­sch vielleicht einen kleinen Nachteil.«

Auch Bayern-Präsident Herbert Hainer wähnte »das Momentum auf unserer Seite«. Insgesamt konnte er mit dem Verlauf des dritten Spiels der FCB-Frauen in der großen Arena, in der sonst nur die Männer kicken, zufrieden sein. Zwar wurde die im Dezember beim Sieg gegen den FC Barcelona aufgestell­te Bestmarke von 24000 Fans verfehlt, doch der Hype um die Fußballeri­nnen des Landes hält an. 20 000 Zuschaueri­nnen und Zuschauer an einem Dienstagab­end und generell Spiele in der großen Arena wären vor einigen Jahren noch unvorstell­bar gewesen. »Die Fans standen wie eine Eins hinter der Mannschaft«, freute sich Hainer.

Die Stimmung im Team war nach dem knappen Sieg gegen Arsenal entspreche­nd gut, aber nicht euphorisch. Allen ist bewusst, dass vor dem Duell mit Wolfsburg und dem Rückspiel in London am Mittwoch (21 Uhr) noch nichts erreicht ist. Und dass sie für das Erreichen ihrer Ziele besser spielen müssen als in der zweiten Hälfte gegen Arsenal. »Wir wollen nun in London an die Leistung der ersten Hälfte anknüpfen. In der zweiten haben wir teilweise um das Gegentor gebettelt. Wir müssen wieder schnell ein Tor machen, um hinten raus wieder etwas Luft zu haben«, gab Matchwinne­rin Lea Schüller schon mal die Richtung vor.

»Sie ist eine kompletter­e Spielerin geworden. Sie hat das Potenzial, auf ihrer Position eine der Besten der Welt zu werden.«

Alexander Straus Trainer des FC Bayern

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Lea Schüller (o.) setzte sich in der ersten Hälfte kraftvoll per Kopf durch und erzielte das goldene Tor des Abends.

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