Vorsicht: Fake!
Die Beschlüsse der Ampel konterkarieren ihre eigenen Klimaschutzziele
Berlin. Der Aufschrei war insbesondere unter Grünen-Anhängern groß. In der Nacht zum Mittwoch machten sie ihrem Ärger über das »Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung« Luft, das der Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung am Dienstagabend nach überlanger Sitzung vorgelegt hatte. Die entsprechenden Reaktionen sind etwa in den Kommentaren zu den Versuchen der Grünen-Vorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour im Kurznachrichtendienst Twitter nachzulesen.
Lang erklärte etwa zum Beschluss, dass die einzelnen Sektoren wie Energie und Verkehr künftig ihre Klimaschutzziele verfehlen dürfen, wenn andere sie übererfüllen: Schon im Koalitionsvertrag sei vereinbart, dass sich Sektoren »gegenseitig helfen können«. Einzelne Bereiche könnten sich aber »nicht verstecken«.
Die Sektorziele blieben »im Grundsatz erhalten«. Ähnlich äußerte sich Nouripour.
Mit Blick auf die als von »überragendem öffentlichen Interesse« eingestuften 144 Autobahnprojekte, die nun vorangetrieben werden sollen, tröstete Lang die Grünen-Wähler, es erfolge »keine Beschleunigung im Neubau«. Zudem werde »kein Kilometer« Autobahn mehr neu gebaut, »ohne dass wir gleichzeitig Platz für Erneuerbare schaffen«. Gemeint ist der Bau von Sonnenenergiekollektoranlagen entlang der Schnellstraßen.
Dieser Argumentation folgt in den Umweltverbänden jedoch kaum jemand. Die Naturfreunde Deutschlands etwa kritisierten, der Ausbau des Straßennetzes werde »mit dem Argument des ›Lückenschlusses‹ vorangetrieben«. Das »Modernisierungspaket« führe in der »Konsequenz zu einer weiteren Versiegelung von Flächen, was einem vorausschauenden und kombinierten Klimaund Naturschutz« widerspreche. Die Ampel offenbare sich mit ihren jüngsten Beschlüssen als »PKW- und Lkw-fixiert« und lasse »den Abbau von klimaschädlichen Subventionen vermissen«.
Derweil sind die Koalitionäre in Sachen Sozialpolitik keinen Schritt vorangekommen. Was bedeutet, dass die kleinste Regierungspartei FDP ihre Partner wieder einmal vor sich hergetrieben hat. Sie konnte sich in Sachen Straßenbau, E-Fuels und anderen Beschlüssen, die ein Festhalten am klimaschädlichen Individualverkehr markieren, auf ganzer Linie durchsetzen. Zugleich ist Finanzminister Christian Lindner offenbar weiter nicht bereit, die Kindergrundsicherung mitzutragen.