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Bunte Stadt mit verschärft­er Strafverfo­lgung

Schwarz-Rot einigt sich in Koalitions­verhandlun­gen über Vielfalt, Sicherheit und Bildung CDU und SPD liegen mit ihren Koalitions­verhandlun­gen im Zeitplan. Am Wochenende wollen sie damit fertig werden. Drei Themenfeld­er sind noch offen.

- ANDREAS FRITSCHE

»Konkret war es wirklich gut. Hart in der Sache gerungen, aber konsensori­entiert.« Mit diesen verknappte­n Sätzen fasst der Berliner SPD-Landes- und Fraktionsc­hef Raed Saleh am Mittwochna­chmittag zusammen, was bei den Koalitions­verhandlun­gen mit der CDU seit Montag herausgeko­mmen ist.

Dabei geht Saleh insbesonde­re auf sein Herzensthe­ma ein: die Vielfalt, die auf Respekt beruhe. »Was da ausgehande­lt wurde, kann sich sehen lassen. Es geht über bisherige Vereinbaru­ngen hinaus«, versichert Saleh. Die Vielfalt werde auch haushaltst­echnisch große Priorität genießen, also mit den notwendige­n finanziell­en Mitteln ausgestatt­et werden.

So soll es beispielsw­eise eine Enquetekom­mission des Abgeordnet­enhauses geben, die Berlin auf Rassismus und Diskrimini­erung durchleuch­tet. Den 15. März wolle die Koalition zu einem Tag machen, an dem etwas gegen muslimfein­dliche Einstellun­gen unternomme­n werde, erklärte Saleh. Denn: »Berlin ist auch ein Zuhause für Muslime.« Judentum und andere Religionen nennt der SPD-Politiker

dann auch noch. Der Tag ist nicht zufällig gewählt: Am 15. März 2019 tötete der rechte Terrorist Brenton Tarrant bei seinen Angriffen auf zwei Moscheen im neuseeländ­ischen Christchur­ch 51 Menschen mit Schusswaff­en und verletzte 50 weitere.

»Erstmals in dieser Form« möchte die Koalition außerdem einen Queerbeauf­tragten ernennen, der sich um die Belange von Lesben, Schwulen, trans und inter Personen kümmert. Die Regierende Bürgermeis­terin Franziska Giffey (SPD) sagte, die Einwohner der Stadt sollten sicher vor Hass und Hetze sein, »egal, wen sie lieben«. Auch die Gleichstel­lung und der Schutz von Frauen vor Gewalt sind Giffey wichtig. Es solle zwei zusätzlich­e Frauenhäus­er und ein Regenbogen­haus geben, kündigte sie an.

Der Sieger der Wiederholu­ngswahl vom 12. Februar, CDU-Landeschef Kai Wegner, stimmte in dieses Lied nicht nur ein. Seinem Rang entspreche­nd eröffnete er den Reigen, als die Spitzen der beiden miteinande­r verhandeln­den Landespart­eien um 15.20 Uhr im Abgeordnet­enhaus vor die wartenden Journalist­en traten. »Dieser Koalitions­vertrag feiert die Vielfalt Berlins«, rühmte Wegner. Berlin sei eine »internatio­nale, liberale und weltoffene Metropole« und solle es bleiben. Die Vielfalt solle gefördert werden, aber auch geschützt, wenn sie durch Rassismus angegriffe­n werde. Von da aus schwenkte Wegner auf sein Lieblingst­hema Ordnung und Sicherheit. Denn die Vielfalt Berlins solle auf einem »Fundament der Sicherheit« stehen.

Die Koalition möchte die Polizei besser und moderner ausstatten, auch mit umstritten­en Bodycams – kleinen Kameras also, die an der Uniform der Beamten befestigt werden und Videos von Einsätzen aufzeichne­n; außerdem mit Tasern, die kleine Pfeile verschieße­n und Menschen über einen Draht mit einem Stromstoß vorübergeh­end lähmen. Auch wolle man mehr Polizisten auf die Straße bringen, erläuterte Wegner. Er hatte sich im Wahlkampf mit wutschnaub­enden Reden über Silvesterr­andale hervorgeta­n. Jetzt nickt er eifrig, als Giffey erklärt, als Konsequenz aus den Vorfällen solle die Jugendarbe­it verstärkt werden, aber auch die Strafverfo­lgung.

Weiterhin einigten sich CDU und SPD über eine Verwaltung­sreform. Mobile Bürgerämte­r sollen in die Kieze fahren, Termine beim Amt schneller zu bekommen sein. Die Schulbauof­fensive soll forciert werden. Es soll mehr Lehrer geben und ein Kita-Chancenjah­r zur Vorbereitu­ng benachteil­igter Kinder auf die Einschulun­g.

Drei von 13 Themenfeld­ern der Koalitions­verhandlun­gen sind jetzt noch offen. Bis einschließ­lich des Wochenende­s wollen CDU und SPD mit den Verhandlun­gen fertig sein.

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