Frühjahrsgespräche
Die nd-Veranstaltungen im April und Mai im Überblick
Während es im kommenden Literatursalon mit Wolfram Elsner politisch brisant wird, setzt nd.Im Club mit Hans-Dieter Schütt einen literarischen Schwerpunkt.
Im nd.Literatursalon am 5. April wird es um China gehen. Für viele Europäer ist das Land ein Buch mit sieben Siegeln. Seit dem Krieg in der Ukraine ist es etwas aus dem Fokus geraten. In den täglichen Nachrichten heißt es, dass die größte Volkswirtschaft der Erde seit der CoronaPandemie in einer schweren Krise steckt. Wolfram Elsner, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bremen und seit 2015 auch Gastprofessor in Changchun (China), ist überzeugt, dass sich China erneut in einem Aufstieg zur Weltmacht befindet.
Er wird sich im Literatursalon Irmtraud Gutschkes Fragen zu seinem im Papy Rossa Verlag erschienenen Buch »China und der Westen – Aufstiege und Abstiege. Vom alten Reich der Mitte zum gegenwärtigen Konflikt« stellen. In seinem Buch zeichnet er eine Herrschaftskontinuität nach, die sich über 5000 Jahre erstreckt. Der Aufstieg und wieder anstehende Abstieg Westeuropas und der USA als weltpolitischer Hegemon stellt für ihn lediglich eine Unterbrechung in Chinas weltpolitischer Bedeutung dar. Von dieser historischen Linie ausgehend stellt sich Elsner unter anderen eine bedeutungsvolle Frage: Kann ein großer heißer Krieg des Absteigers gegen den Aufsteiger vermieden werden?
nd.Filmclub
Zum 80. Geburtstag von Peter Goedel zeigt der nd.Filmclub Spezial den Film »Treibhaus«. Nach dem Roman von Wolfgang Koeppen hat Goedel das Drehbuch geschrieben und selbst Regie geführt. Der Film erzählt die Geschichte des sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Keetenheuve (Christian Doermer), der mit seinen linken Idealen an den Intrigen der Mächtigen in der Nachkriegspolitik der Bundesrepublik Deutschland scheitert. Sein Film wurde 1988 für den Deutschen Filmpreis nominiert. Zum Film spricht Paul Werner Wagner mit Regisseur Peter Goedel, Schauspieler Hanns Zischler und Filmkritiker Peter Nau.
Mit »Bürgermeister Anna« und »Egon und das achte Weltwunder« widmet sich der nd.Filmclub zwei frühen Produktionen der Defa und dem DDRFernsehen. Der 1950 veröffentlichte Kinofilm »Bürgermeister Anna« thematisiert das Ringen um Gleichberechtigung. Und widmet sich damit einem immer noch aktuellen Thema, auch wenn sich die Rahmenbedingungen für diese gesellschaftliche Auseinandersetzung verändert haben und heute Frauen sehr viel selbstverständlicher Amtsträgerinnen sind.
Damit ermöglichte der Film eine frühe Beschäftigung mit den Bedingungen für Frauen, ein politisches Amt zu bekleiden. Die junge Frau, Anna Drews, genannt Anne (gespielt von Eva Rimski), wird Bürgermeisterin in einem Dorf. Sie genießt Achtung, aber nicht von allen. Annas Widersacher Amtsvorgänger Großbauer Lehmkuhl, gespielt von Arno Paulsen, versucht sie wieder aus dem Amt zu drängen und geht dabei zu weit.
Über dieses damalige thematische Novum spricht Paul Werner Wagner mit Philip Zengel von der DefaStiftung.
Zum ersten Mal wird »Egon und das achte Weltwunder« im DDRFernsehen am 27. Dezember 1964 ausgestrahlt. Als Vorlage für den Film diente der gleichnamige Jungendroman von Joachim Wohlgemuth. Die Liebesgeschichte zwischen Egon (Gunter Schoss) und Christine (Traudl Kulikowski), die in ihrem Umfeld das »achte Weltwunder« genannt wird, weil ihre Freunde davon überzeugt sind, dass sie sich nicht verlieben kann.
Egon muss sich zwischen seinen »Boys«, mit denen er zum Borkenheider MusicalClub gehört, und seiner neuen Liebe Christine entscheiden, die wenig Verständnis für seinen jugendlichen Leichtsinn aufbringt, der Egon sogar ein halbes Jahr Gefängnis eingebracht hatte. Sein Entschluss, sich von den »Boys« zu trennen, wird immer wieder auf die Probe gestellt und lässt ihn in schwierige Situationen geraten. Drehbuchautor und Regisseur Christian Steinke hat mit dem Jugendfilm eine turbulente Geschichte inszeniert. Mit Hauptdarsteller Gunter Schoß spricht Paul Werner Wagner im Anschluss.
nd.Im Club
HansDieter Schütt wendet sich in seinem biografischen Essay »Stephan Hermlin. Entlang des Dichters« einem Charakter zu, dessen Leben auf bewegende Weise den Aufschwung wie das Scheitern eines politischen Systems widerspiegelt. Aber ebenso die Treue zu einem Ideal.
Stephan Hermlin (1915–1997): ein großer Dichter, von seiner Zeit so erhoben wie versehrt, im einfühlsamen, fragenden Porträt. Hermlin – Lyriker, Erzähler, Essayist und Übersetzer – war einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR. Er lebte das Spannungsfeld zwischen hellem geistigem Adel und harten
Prüfungen in den Finsternissen deutscher Geschichte. Jude, Kommunist, linker Aristokrat. Der »nicht unbeschädigt davonkommen« wollte in den Kämpfen der Zeit.
Paul Werner Wagner spricht mit dem ehemaligen ndJournalisten und Autor HansDieter Schütt über dieses biografische Essay, das im April dieses Jahres im Quintus Verlag erscheinen wird.