Tschüss, Sahra?
Zu »Scherbengericht in der Linken«, 23.3., S.4; online: dasnd.de/1171919
Befände sich der LinkeVorstand im Denken und Handeln auf dem Fundament des Materialismus, auch der Erkenntnisse der marxistischen Philosophie, dann gäbe es keinen Widerspruch zum Denken und zwingend notwendigen Agieren von Sahra Wagenknecht, keine weiteren Gründe für den Austritt treuer Mitglieder von diesem Irrweg und damit auch keinen Zwang zu einer Neuorientierung der Partei Die Linke.
Mit ihrem Parteiausschlussgrund gegenüber Sahra Wagenknecht hat sich Janine Wissler vollkommen verrannt. Zur Rettung der verfahrenen Kiste sollte sie die Vorschläge zu einem Sonderparteitag dankbar aufnehmen und zu organisieren beginnen. Ausdrücklich unter Einbeziehung von Sahra Wagenknecht und Prof. Michael Brie. Manfred Malik, Bentwisch
Es macht mich zornig und traurig zugleich, was ich von Sahra Wagenknecht in den letzten Monaten lese und höre. Ihre kritische Meinung zu vielen Fragen fand ich gut, aber eben nicht alles. Und schon gar nicht ihre Pläne zur Spaltung der Partei.
Ja, in den vergangenen Jahrzehnten wäre mehr Kritik zur politischen Wirkung unserer Partei nötig gewesen und eine stärkere Einbeziehung der Mitglieder in Entscheidungen; Diskussionen ohne diskriminierende Wertungen, wenn tonangebenden Genossen etwas nicht passt. Da bin ich für den Vorschlag von Peter Porsch (»Wer würde da kommen?«, Briefe an die Redaktion, 23.3., S. 15), sachlich und realistisch über unterschiedliche Meinungen zu diskutieren und zu entscheiden. So ist das normal in einer pluralistischen Partei. Vielleicht sollten wir zu bestimmten kritischen Fragen genauer feststellen, wie die Mehrheit der Genossen denkt. Zugleich sollten wir uns stärker damit befassen, wie wir gemeinsam unsere politischen Ziele in konkrete, realisierbare Vorhaben und Forderungen umsetzen können und wie wir sie zum Ausdruck bringen, damit wir besser verstanden werden. Ein Beispiel und Vorbild war für mich die Arbeit der Berliner Sozialsenatorin Katja Kipping.
Besinn Dich, Sahra! Seit 1989/90 schätzte ich Dich als meine Genossin und Streiterin für den sozialen Fortschritt und Frieden. Aber ich werde Dir nicht in eine andere Partei oder Bewegung folgen.
Dr. Ingeborg Bauer, Berlin
Einige meinen, Sahra Wagenknecht und »ihre Anhänger« sollten ganz schnell entscheiden, ob sie eine neue Partei gründen wollen, und dann schnell gehen. Völlig falsch: Jetzt ist der Vorstand am Zuge, die gespaltene Partei, natürlich auf Grundlage des gültigen Erfurter Grundsatzprogramms, zu einen! Ein gemeinsames Papier von Gregor Gysi und Sahra Wagenknecht liegt dem Parteivorstand vor. Wann wird er sich mit dem Papier und den Autoren befassen?
Gregor Gysi hat angemahnt, der Vorstand müsse mehr die Traditionen der Partei berücksichtigen. Es steht viel auf dem Spiel: Gehen Sahra und jene, die bisher maßgeblich die Friedenspolitik der Partei prägten, kommt es zu einem Aderlass in
Mitglied und Wählerschaft. Insbesondere im Osten, aber nicht nur dort. Jetzt sind Janine Wissler und Martin Schirdewan in der Pflicht!
Carsten Schulz, Berlin
Als einer, der in Sahra einst eine starke Hoffnungsträgerin sah, sie unterstützte und bis zuletzt hoffte, sie und der Parteivorstand würden noch einen gemeinsamen Weg finden, bin ich nach ihrer Ankündigung, eine konkurrierende Partei zu gründen, absolut enttäuscht. Wir haben in der Wendezeit gegen größte Widerstände die PDS aufgebaut, wurden in den Medien als Auslaufmodell belächelt, aber wir haben uns behauptet. Wir haben eine gesamtdeutsche linke Partei gegründet, haben an der Basis gerackert und hatten auch immer die Kraft, innerparteiliche Krisen zu überwinden. Doch nun das: Sahra Wagenknecht wird als Spalterin der deutschen Linken in die Geschichtsbücher eingehen. Dass sie noch einige Monate auf dem Ticket der Linken ihre Bundestagsdiäten beziehen will, um gleichzeitig auf unsere Partei einzudreschen, ist völlig inakzeptabel. Jetzt sollte sie die Konsequenzen ziehen und sofort aus der Partei austreten.
Die Chancen für ihre neue ZauberPartei sehe ich bei null, »Aufstehen« lässt grüßen. Aber sie wird unsere Partei noch einmal schwächen. Die politische Konkurrenz frohlockt bereits. Ein Ende des nun seit Jahren schwelenden innerparteilichen Konflikts kann jedoch auch neue Kräfte freisetzen. Ich sage: Tschüss, Sahra! Wir bleiben.