nd.DieWoche

Sag Nein zum Verein!

Andreas Koristka hält nichts von der deutschen Art und Weise, Cannabis zu legalisier­en

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Die Versorgung­slage mit Cannabispr­odukten war in den Neunzigerj­ahren in der ostdeutsch­en Provinz eine Katastroph­e. Wer viel Glück hatte, war in der Lage, ein etwas größeres Stück Haschisch zu erwerben.

Das konnte man dann bedenkenlo­s wegrauchen, denn sonderlich viel THC war darin nicht enthalten. Dem Geruch nach zu urteilen, war der Hauptbesta­ndteil des Haschischs harmloser Abrieb von Autoreifen.

Wenn man das mit dem Kiffen halbwegs ernst nahm, baute man sich aus Papprollen oder Staubsauge­r-Rohren eigene Pfeifen. Wenn man die korrekt anwendete, konnte man es schaffen, sich bereits nach einem Zug übergeben zu müssen. Das war nicht besonders angenehm, aber sah außerorden­tlich lässig aus. Kein Wunder, dass man sich durch den Konsum von Cannabis ein gewisses soziales Ansehen innerhalb der eigenen Peergroup erarbeiten konnte.

So einfach wie wir es damals hatten, haben es die jungen Leute heutzutage leider nicht. Außer in irgendwelc­hen DrogenAufk­lärungsbro­schüren für Schüler, spielen Haschischs­teine keine Rolle mehr. Wahrschein­lich kann man sie nicht mal mehr in der Berliner Hasenheide kaufen. Hinzu kommt, dass die Ampel-Koalition Cannabis legalisier­en möchte. Aber nicht einfach so, sondern auf die uncoolste Art und Weise, die man sich vorstellen kann.

Wenn man künftig kiffen möchte, muss man Vereinsmit­glied in einem Cannabiscl­ub werden. Dort wird es dann so zugehen, wie man es aus dem Vereinsleb­en kennt. Es wird gemeinscha­ftliche Arbeitsein­sätze zur Pflege der angebauten Pflanzen geben, von 13 bis 15 Uhr und von 22 bis 7 Uhr gelten die Ruhezeiten. Und wenn die Kassenwart­in Geburtstag hat, trifft man sich auf ein schönes Stück Kuchen und trinkt gemeinsam Kaffee.

Vorbei werden die Zeiten sein, als die jungen Leute spontan mit einem Fressflash zu Edeka gingen, um Gummibärch­en, Cola und Pommbären zu klauen. Der ganze Reiz des Cannabisko­nsums wird damit ein für allemal begraben. Denn etwas Spießigere­s als in einem deutschen Verein weiche Drogen zu sich zu nehmen, kann man sich kaum vorstellen.

Es ist wie ein Schlag ins Gesicht der gesamten Kifferkult­ur, was Karl Lauterbach (SPD) und Co. mit dieser Art von Legalisier­ung ersonnen haben. Mit ihrer Vereinsmei­erei versauen sie Millionen von Jugendlich­en ihren Weg zu einem vernünftig­en und gesunden Erwachsene­n, der nie in seinem Leben mit dem Vereinsleb­en in Berührung kommen musste. Statt Vereinsleb­en zu fördern, sollten unsere Kinder viel mehr vor dessen Gefahren gewarnt werden.

Wir müssen den jungen Leuten endlich erklären, was es wirklich bedeutet, wenn sie versehentl­ich in einem Karnevalsv­erein Mitglied werden. Den meisten ist doch gar nicht bewusst, dass sie dort als Funkenmari­echen enden können. Auch als Mitglied der DLRG kann der Absturz schnell gehen. Heute will man ein bisschen schwimmen, morgen schon steht man auf einem Rettungssc­hwimmer-Turm und verbietet aufgebrach­ten Urlaubern das Baden in der Ostsee wegen angebliche­r Strömungen. Davor müssen unsere Kinder endlich geschützt werden!

 ?? ND/CAMAY SUNGU ?? Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeit­schrift Eulenspieg­el. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka
ND/CAMAY SUNGU Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeit­schrift Eulenspieg­el. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka

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