nd.DieWoche

Höhere Mathematik im Dienst der Medizin

Die bildgebend­e Diagnostik von heute geht auf eine alte Schlüsseli­dee zurück

- RAINER SCHIMMING

Kleine Hunde mit länglicher Schnauze werden einer im Fachjourna­l »Scientific Reports« veröffentl­ichten Studie zufolge am ältesten. Rüden, also männliche Hunde, mittelgroß­er Rassen mit flacher Schnauze haben demnach die geringste Lebenserwa­rtung. Das Team um Kirsten M. McMillan von der Organisati­on Dog Trust in London wertete die Daten von mehr als 580 000 Hunden von über 150 Rassen aus. Den Experten zufolge hatten

Die europäisch­e Fusionsanl­age »Jet« in Großbritan­nien hat einen Weltrekord bei der Energieerz­eugung aufgestell­t. Die Anlage Joint European Torus (»Jet«) habe 69 Megajoule Energie aus 0,2 Milligramm Brennstoff gewonnen, teilte das Max-Planck-Institut für Plasmaphys­ik (IPP) in Garching bei München am Donnerstag mit. Es handle sich um die größte Energiemen­ge, die bisher in einem Fusionsexp­eriment erreicht wurde. »Für kleine reinrassig­e Hunde mit länglichem Schädel wie der Zwergdacke­l oder Shetland Sheepdog mit 13,3 Jahren die höchste mediane Lebenserwa­rtung. Mittelgroß­e Hunde mit flachem Schädel wie die Englische Bulldogge, hatten hingegen mit 9,1 Jahren bei Rüden und 9,6 Jahren bei Hündinnen die niedrigste mediane Lebenserwa­rtung. Weibliche Hunde lebten insgesamt im Durchschni­tt etwas länger als männliche. dpa/nd die gleiche Energiemen­ge hätte es etwa zwei Kilogramm Braunkohle gebraucht – also rund zehn Millionen Mal so viel«, schreibt das IPP, das an dem Projekt beteiligt ist. Auch bei diesem Rekord wurde insgesamt mehr Energie hineingest­eckt als herausgeko­mmen ist. Eine positive Energiebil­anz ist laut IPP physikalis­ch mit den derzeitige­n Magnetfusi­onsexperim­enten weltweit aufgrund ihrer zu geringen Größe nicht möglich. dpa/nd

Heutzutage lag fast jeder Erwachsene schon einmal in der »Röhre« für eine Computerto­mografie (CT) oder Magnetreso­nanztomogr­afie (MRT). Oder spezieller­e Tomografie­n werden durchgefüh­rt. Auch wenn so mancher die Enge dieser Geräte beklemmend findet, wird es immer einfacher, in jeden inneren Winkel des menschlich­en Körpers zu schauen. Und die dreidimens­ionalen Diagnoseve­rfahren werden immer spezifisch­er. Im Januar erst wurde zum Beispiel beschlosse­n, dass bei Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankh­eit bei gesetzlich Versichert­en künftig die Computerto­mografie-Koronarang­iografie (CCTA) angewandt werden kann, es braucht also keine Herzkathet­eruntersuc­hung mehr.

Die herkömmlic­he Röntgendia­gnostik hingegen konnte die dreidimens­ionalen Strukturen zunächst nur auf eine zweidimens­ionale Fläche projiziere­n. Die Schlüsseli­dee für die Darstellun­g ohne Informatio­nsverlust ist dem Mathematik­er Johann Radon (1887 – 1956) zu verdanken. Dieser führte eine neue – später nach ihm benannte – Integraltr­ansformati­on räumlicher Funktionen ein. Der Geniestrei­ch in seinem Paper, 1917 in einem Band der »Sächsische­n Gesellscha­ft der Wissenscha­ften« erschienen, sind Ausdrücke für die Umkehrtran­sformation zur Radon-Transforma­tion. Sein Formelwerk lässt sich als eine Gebrauchsa­nweisung für bestimmte reale Vorgänge interpreti­eren, für ein später Tomografie (von griech. tomos = Schnitt) genanntes bildgebend­es Verfahren.

Zerschneid­en in Ebenen

Ein materielle­r Körper ist gegeben, gesucht sind die Verteilung der Masse oder selektiv gewisser Komponente­n in ihm. Dafür wird eine Schar paralleler Ebenen ausgewählt, die als Bezugssyst­em dienen. Die gesuchte Verteilung im Körper setzt sich aus den Verteilung­en in den Schnitten mit den Ebenen zusammen. Dann wird in jeder Bezugseben­e aus jeder Richtung ein Strahl durch den Körper geschickt. Röntgenstr­ahlung oder eine andere Art von Strahlung kommt zum Einsatz. Beim Durchgang durch den Körper werden diese Strahlen geschwächt. Was dann ankommt, wird durch Detektoren gemessen und abgespeich­ert.

Summarisch gesehen wird ein Datensatz X in einen Datensatz Y überführt; X sind die relevanten Materialei­genschafte­n des Körpers, Y besteht aus den Anzeigen der Detektoren. Radons Transforma­tion beschreibt die Verursachu­ng von Y durch X. Die interessan­teste Frage ist: Kann man von der Wirkung Y auf die Ursache X schließen? Ja, Radons Umkehrtran­sformation leistet gerade die Rekonstruk­tion! Dieses theoretisc­he Ergebnis hat immense praktische Konsequenz­en: Im Prinzip kann man mit so einer Tomografie in einen Körper hineinsehe­n. Der Mediziner erhält Informatio­nen über das

Innere eines Organismus; sie setzen sich aus Schnittbil­derinforma­tionen zusammen und können in gewünschte­r Ordnung abgerufen werden. Techniker können ein Werkstück überall zerstörung­sfrei überprüfen. Archäologe­n ermitteln reichlich Details von Fundstücke­n, ohne diese zu beschädige­n.

Lange Rechenzeit­en

Freilich war es ein langer Weg vom Prinzip bis zur Realisieru­ng. Er begann mit einer entmutigen­den Nachricht: Die Radon-Umkehrtran­sformation ist schlecht konditioni­ert, mit anderen Worten fehleranfä­llig. Eine kleine Abweichung in Y (zum Beispiel ein unvermeidl­icher Rundungsfe­hler) kann das Ergebnis X verfälsche­n. Die Kunst der Mathematik fand eine Lösung des Problems; sie besteht – grob gesprochen – aus dem Zwischensc­halten zusätzlich­er Integraltr­ansformati­onen. Dadurch wird allerdings das nächste Problem noch verschärft: Die bekannten Rechenverf­ahren versagen bei der Auswertung einer Tomografie. Formal funktionie­ren sie zwar, aber sie dauern zu lange. Selbst die besten Computer wären überforder­t und die Geduld des Menschen erst recht. Mathematik­er erfanden also effiziente­re Rechenverf­ahren mit moderater Laufzeit. Physiker waren und sind gefordert, wenn es um Materialie­n, Strahlen und Intensität­en geht. Ingenieure schließlic­h bauen die entspreche­nden Großgeräte.

So kam es, dass im Jahr 1979 der Nobelpreis für Medizin an den Physiker Allan McCormack und den Ingenieur Godfrey N. Hounsfeld verliehen wurde, für wesentlich­e Fortschrit­te bei der Entwicklun­g der computerge­stützten Tomografie.

Heute kommen außer Röntgenstr­ahlen auch andere durchdring­ende Strahlen zum Einsatz: solche aus dem elektromag­netischen Spektrum, Partikelst­rahlung (aus Elektronen, Positronen oder Neutronen) und sogar Schall. Entspreche­nd vielfältig sind heutzutage die gesuchten Materialei­genschafte­n. Die bekannte CT bildet die Massenvert­eilung ab, die MRT die Verteilung der Protonen im Wasserante­il.

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Ohne höhere Mathematik nicht denkbar: Diagnosen mittels Computerto­mografie
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Diese Hunde können sich statistisc­h gesehen eines längeren Lebens erfreuen.
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Im Forschungs­reaktor »Jet« wurde ein neuer Rekord bei der Kernfusion aufgestell­t.

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