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Rotschlamm birgt große Umweltgefa­hren

Natronlaug­e und Schwermeta­lle gehören zu den Rückstände­n der Bauxitaufb­ereitung

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Von der Schokolade­nverpackun­g bis zum Flugzeug – Aluminium ist ein beliebtes Material sowohl für jede Menge Alltagsgeg­enstände als auch für technische Produkte. Zwar ist die Recyclingq­uote beim Aluminium zumindest in Europa hoch, doch Jahr für Jahr wird neues Aluminium aus dem Ausgangsge­stein Bauxit gewonnen, 2021 nach Schätzunge­n der US-Geologiebe­hörde USGS 68 Millionen Tonnen. Bauxit enthält neben Aluminiumh­ydroxiden auch Eisenhydro­xide, Siliziumve­rbindungen und Schwermeta­lle. Wie bei jeder Erzgewinnu­ng im Bergbau entstehen Rückstände, im Fall der Aluminiump­roduktion »Rotschlamm« genannt. Um die vier Milliarden Tonnen dieses Gefahrguts lagern weltweit, entweder in noch feuchter oder schon getrocknet­er Form.

Unmittelba­r lebensgefä­hrlich ist der Rotschlamm durch seinen hohen Gehalt von Natronlaug­e. Direkter Hautkontak­t kann zu schweren Verätzunge­n führen. Aber auch darüber hinaus sind Natur und menschlich­e Gesundheit in Gefahr, wenn Bestandtei­le des Rotschlamm­s in die Umwelt gelangen.

Der Schlamm wird oftmals in offenen Becken nahe der Bauxitaufb­ereitung gelagert. Das birgt die Gefahr von Lecks oder im schlimmste­n Fall auch von Dammbrüche­n. 2010 kam es bei der Aluminiumh­ütte Ajka im ungarische­n Kolontár zu einer schweren Katastroph­e, als der Damm eines Absetzbeck­ens brach und eine Million Kubikmeter Rotschlamm sich in die Umgebung ergossen. Zehn Menschen starben und 150 wurden verletzt. Sie erlitten zum Teil schwere Verätzunge­n. Neben den Schäden durch die Lauge gelangten aber auch Schwermeta­lle in die Umwelt. Laut einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen Analyse enthielt der bei Konlontár ausgetrete­ne Rotschlamm Arsen, Chrom und Quecksilbe­r. Im Rotschlamm sind diese Elemente durch den hohen pH-Wert gebunden. Um die ätzenden Eigenschaf­ten aufzuheben, wurde der pH-Wert aber durch Zugabe von Salzsäure und Wasser neutralisi­ert. Zudem kam es in den Flüssen auf natürliche Weise zu einer Verdünnung. Dadurch aber werden Schwermeta­lle löslich und können sich in der Nahrungske­tte anreichern.

Und auch getrocknet als feiner Staub reizen die Rückstände aus der Alumniumhe­rstellung etwa die Atemwege.

Doch Umweltschä­den können auch durch kleinere Lecks bei unsachgemä­ßer Lagerung von Rotschlamm entstehen. So wurde 2018 während starker Regenfälle über den Austritt von rötlichen Abwässern bei der Aluminiumo­xid-Raffinerie Alunorte im brasiliani­schen Barcarena berichtet. Offenbar waren ungeklärte Abwässer abgelassen worden. In der Folge starben Fische und

Hühner in der Umgebung und Kinder litten an Hautaussch­lag. Wasseranal­ysen ergaben erhöhte Werte für Aluminium und Schwermeta­lle. Noch immer sind die Verantwort­lichkeiten hierfür nicht abschließe­nd geklärt.

Die Katastroph­en von Brumadinho 2019 und von Mariana 2015 in Brasilien, bei denen Dämme von Abraumbeck­en von Eisenerzmi­nen brachen, verdeutlic­hen das hohe Risiko ähnlicher Unfälle auch mit giftigeren Schlämmen. Immerhin ist Brasilien der viertgrößt­e Förderer von Bauxit weltweit. 2022 gab es in dem Land für 42 Dämme eine Gefahrenwa­rnung der Nationalen Bergbaubeh­örde. Jutta Blume

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