Das Duell der Hochveranlagten
Jamal Musiala und Florian Wirtz stehen im Mittelpunkt des Spitzenspiels der Bundesliga
Als Rudi Völler unlängst über Jamal Musiala und Florian Wirtz sprach, glänzten seine Augen. »Das sind mit Sicherheit die beiden größten Talente, die wir in Deutschland haben. Das ist wunderbar, den beiden zuzuschauen«, schwärmte der DFB-Sportdirektor. Wirtz liefere in Leverkusen Woche für Woche »wunderbare Leistungen ab«, Musiala bestreite permanent bei den Bayern »überragende Spiele«. Längst gelten die beiden im deutschen Fußball als die zwei größten Versprechen. Auch mit Blick auf die Heim-EM im Sommer ruhen viele Hoffnungen auf den Hochveranlagten. Doch erst einmal stehen die beiden 20-Jährigen an diesem Sonnabend im Spitzenspiel der Bundesliga-Kracher im Fokus – wenn Bayer Leverkusen im Heimspiel gegen den FC Bayern die Tabellenspitze verteidigen will.
Kunst des Passens und Dribbelns
Vieles wird in dieser Partie von den Unterschiedsspielern Wirtz und Musiala abhängen. Welcher der beiden technisch beschlagenen Jungstars kann dem Topspiel seinen Stempel aufdrücken? Wer sein Team mit der einen oder anderen genialen Aktion zum Erfolg führen? Wirtz gilt in der Offensive als »Meister der schwierigen Pässe«, 349 gelangen dem »Zauberfuß« in dieser Saison bereits. »Magic Musiala« wird dagegen als »vielseitiger Spielmacher« und »Dribbelkünstler« gewürdigt, der 64,4 Prozent seiner Einzelaktionen erfolgreich abschließt. Dies nötigt auch Wirtz Respekt ab: »Es gibt nicht viele Spieler auf der Welt, die so dribbeln können wie er. Ich bewundere seine Bewegungen. Jamal hat eine ganz eigene Art.« Wie auch Wirtz selbst, dessen unwiderstehliches Solo gegen Freiburg jüngst zum »Tor des Jahres« 2023 gewählt worden war.
Nicht nur wegen solch einzigartiger Szenen wird beiden eine Weltkarriere zugetraut. Musialas Marktwert liegt laut Transfermarkt bereits bei 110 Millionen Euro, Wirtz ist demnach 100 Millionen wert. Die europäischen Topklubs haben die beiden deutschen Nationalspieler trotzdem längst auf dem Zettel.
Momentan sei »alles darauf ausgerichtet, dass Florian auch in der kommenden Saison in Leverkusen spielt«, sagte Hans-Joachim Wirtz, Vater und Berater, zuletzt. Der Vertrag des Sohnes läuft noch bis 2027. Musialas Arbeitspapier in München ist bis 2026 datiert. »Natürlich werden wir uns nach der Decke strecken«, betonte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Aber es gebe »überhaupt keinen Grund zur Hektik. Wir werden das in aller Ruhe mit ihm besprechen – und ich glaube, es wird auch ein gutes Ende finden«.
Internationale Hauptrollen
Ein gutes Ende soll für Deutschland nach vielen Enttäuschungen auch die EM nehmen – mit Musiala und Wirtz in Hauptrollen. Er habe »gelesen, viele würden sagen, es ist nicht möglich, dass beide spielen. Ich finde es eine sehr gute Idee«, hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann schon bei seinem Amtsantritt im vergangenen Herbst angekündigt und ergänzt: »Wenn beide gesund sind, werde ich diese gute Idee mit Sicherheit auch nutzen, mit beiden zu spielen.«
Zumal sich die beiden Toptalente auf und auch außerhalb des Platzes top verstehen. »Flo und ich haben eine gute Beziehung, wir sind gleich alt und gute Freunde«, so Musiala, »auf dem Platz haben wir immer Spaß zusammen. Ich spiele gerne mit ihm zusammen.« Auch wenn beide vom Typ her unterschiedlich sind. Wirtz, der neun Geschwister hat, tritt etwas extrovertierter auf. Musiala ist ein eher stillerer Zeitgenosse.
Der in England aufgewachsene Münchner hat dem Leverkusener aber zumindest sportlich einiges voraus: Musiala sammelte in seiner kurzen Karriere bereits zehn Titel mit dem Rekordmeister und lief schon 28-mal in der Champions League auf. Wirtz gewann dagegen »nur« den EM-Titel mit der U21 und wartet noch auf seine Premiere in der Königsklasse. Beim Bundesliga-Duell spielt all das keine Rolle. Vor den Augen von Nagelsmann und der Fußballwelt wollen beide glänzen. SID/nd