Als Fußballtrainerin »einfach drauflos gegangen«
Kim Kulig spielte einst für Frankfurt und Hamburg, ihre DFB-Karriere endete jäh. Jetzt ist sie erfolgreiche Trainerin in Basel
In der Schweiz ziehen sich Fußballer und Fußballerinnen nicht in der Kabine, sondern in der Garderobe um, das weiß Kim Kulig inzwischen. Und man ruft auch nicht »Auf geht’s, Mädels!«, sondern: »Auf geht’s, Frauen!« Die Europameisterin von 2009 arbeitet seit vergangenem Sommer erfolgreich beim FC Basel – und gehört zu den wenigen Trainerinnen im Spitzenfußball. Den DFB und die Frauen-Bundesliga hat die frühere Assistentin des VfL Wolfsburg weiter im Blick.
»Wenn sie mit ihrem Team so fulminant weitermacht wie im ersten Halbjahr, dann wird es irgendwann vorbei sein mit der Ruhe«, heißt in der Titelstory des aktuellen Klubmagazins des FC Basel über Kulig. Mit den Rot-Blauen mischt sie im Titelkampf mit, ihr Wechsel war ein wohlüberlegter: »Für mich war das ein logischer Schritt. Ich war ja damals bei der U20 in Frankfurt Cheftrainerin«, sagt die 33-Jährige. Während Jobs für Trainerinnen in Deutschland
nach wie vor rar sind – in der Bundesliga ist nur Theresa Merk vom SC Freiburg Chefcoach – gilt die Schweiz als Alternative: Martina Voss-Tecklenburg war dort erst Nationaltrainerin, ehe sie Bundestrainerin wurde. Bis November hatte die frühere deutsche Nationalstürmerin Inka Grings diesen Posten im Nachbarland inne.
»Ich bin nach meiner Karriere einfach so drauflos gegangen und später dann in Wolfsburg Co-Trainerin in einer Top-Mannschaft geworden mit tollen Rahmenbedingungen«, erzählt Kulig über ihren Werdegang: »Ich sehe mich als Cheftrainerin, weil ich meine eigenen Freiheiten brauche, mal kreuz und quer zu denken.«
Schweiz als Sprungbrett
Da passt die Schweiz ganz gut. »Man kann die Liga als Sprungbrett nutzen«, erklärt Jacqueline Dünker. Die frühere Leverkusener Co-Trainerin holte 2023 als Chefin den Titel mit dem FC Zürich. Imke Wübbenhorst ist Trainerin bei den Young Boys Bern: Die heute 35-Jährige sorgte einst für Schlagzeilen, als sie den Männer-Viertligisten Sportfreunde Lotte übernahm. »Ich überlege immer ganz genau, welche Schritte mir als Nächstes guttun, wo ich mich weiterentwickeln kann«, sagt Kulig. Für den DFB arbeitete die gebürtige Herrenbergerin schon mal als Scout in der Amtszeit von Bundestrainerin Steffi Jones. Bei der Trainiertagung der Frauen-Bundesliga war Kulig kürzlich wie selbstverständlich dabei.
Ob sie sich eine Rückkehr zum DFB vorstellen kann – zumal das Trainerteam um Horst Hrubesch, der im Falle einer Olympia-Qualifikation nach Paris aufhören will, neu aufgestellt wird? »Ich glaube, für einen Verband zu arbeiten, ist noch mal komplett anders«, meint sie, sagt aber auch: »Es ist ja irgendwo auch ›unser‹ DFB. Ich kenne viele Mitarbeiter noch und bin in Frankfurt noch verwurzelt.« Jeder Trainer und jede Trainerin habe vielleicht mal die Idee, was anderes zu machen. »Aktuell bin ich aber echt mega glücklich, dass ich täglich für eine Mannschaft arbeiten kann und die Mädels täglich sehe. Aber klar: Sag niemals nie!«
2010 wurde Kulig U20-Weltmeisterin – wie Marie-Louisa Eta, heute Co-Trainerin bei den Männern von Union Berlin, die einzige im deutschen Profifußball. Kulig sagt: »Wir arbeiten ja auch in gemischten Trainerteams. Ich habe genauso Co-Trainer an meiner Seite, das ist mir wichtig. Warum soll es umgekehrt nicht auch funktionieren?«
Vertrag bis zur Europameisterschaft
Jäh endete einst Kuligs Karriere als Spielerin. Ein bei der WM 2011 erlittener Kreuzbandriss zog bei der damaligen Senkrechtstarterin einen Knorpelschaden nach sich. Mit 25 Jahren war sie Sportinvalidin. Wenn ein Ball in der Nähe ist, tritt die 33-fache Nationalspielerin zwar gerne dagegen – aber nur kontrolliert. Zu schnell schwillt ihr Knie an. »Es hängt mir manchmal noch nach, dass ich so früh aufhören musste. Ich habe es lange nicht akzeptiert, aber gelernt, damit umzugehen. Jetzt bin ich froh und dankbar, dass ich Trainerin sein kann.« In Basel läuft ihr Vertrag bis 2025 – in dem Jahr findet die EM in der Schweiz statt. dpa/nd