nd.DieWoche

Der Super Bowl im Zockerpara­dies

Gastgeber Las Vegas sorgt im US-Sport für Goldgräber­stimmung

- MAXIMILIAN HAUPT, LAS VEGAS

Eine Zockerweis­heit vorweg: Am Ende gewinnt immer die Bank. Wenn die Bank allerdings Las Vegas heißt und auf sich selbst wettet, dann gewinnen womöglich alle. So in etwa lässt sich der steile Aufstieg der einst verruchten Glücksspie­lmetropole zur großen Sportstadt beschreibe­n. Noch vor zehn Jahren gab es in der Wüste von Nevada weit und breit keinen ernst zu nehmenden Profisport. Nun richtet Las Vegas in der Nacht zu Montag das größte Event aus, das die US-Unterhaltu­ngsindustr­ie zu bieten hat: den Super Bowl der National Football League (NFL) zwischen den Kansas City Chiefs und den San Francisco 49ers.

Eine Stadt im Wandel

»Mehr Partys, mehr Events, mehr Hotels. Die ganze Show wird eine andere sein«, meint der deutsche Football-Profi Jakob Johnson. »Vegas ist ja genau dafür gemacht, große Events zu hosten.« Seit zwei Jahren spielt der Stuttgarte­r für die Las Vegas Raiders und erlebt die Stadt als Einwohner hautnah. »Vegas ist auf jeden Fall im Wandel. Es wird immer familienfr­eundlicher und orientiert sich dementspre­chend auch Richtung Sport.«

Der Weg dahin war lang. Noch 2003 verbot die NFL Werbespots für Las Vegas während des Super Bowls. Auf keinen Fall wollte die Liga mit (Sport-)Wetten in Verbindung gebracht werden. Die Sorge vor Zweifeln an der Integrität des Sports war groß, nicht nur im American Football, sondern auch in den anderen Profiligen: Basketball, Eishockey, Baseball – die großen Sportarten hielten alle reichlich Abstand zu den berühmten Casinos. Und noch immer hält NFL-Boss Roger Goodell eine Mahnung für notwendig. Jüngst schrieb er an alle Teams, dass Wetten auf den Super Bowl nicht erlaubt seien: »Weltweit werden Fans einschalte­n für das Spiel. Wir müssen alles tun, um die Integrität unserer Sportart zu schützen und auch nur den Anflug von falschem Verhalten zu vermeiden.«

Doch in den vergangene­n sechs Jahren hat sich die Wahrnehmun­g von Vegas im Profisport grundsätzl­ich verändert. 2018 war nicht nur das Jahr, in dem das Gesetz zu Sportwette­n vom Supreme Court einkassier­t wurde – inzwischen hat die NFL mehrere Wettanbiet­er als Werbepartn­er –, sondern auch die erste Saison für die Vegas Golden Knights in der NHL. Mit einem Traumlauf spielte sich das Eishockeyt­eam bis ins Finale um den Stanley Cup, in der vergangene­n Saison gewann es die Meistersch­aft. Zuvorgekom­men waren den Golden Knights die Frauen der Las Vegas Aces, die in der Profibaske­tballliga 2022 die Finalserie gewannen und als erstes Vegas-Team einen Titel in die Stadt holten. 2023 verteidigt­en sie ihn. Die Footballer der Raiders sind seit 2020 in Vegas.

Wachstum ohne Ende

Die Formel 1 hat vor dem Rennen im vergangene­n November eine halbe Milliarde Dollar in ihren neuen Standort gesteckt, weil der US-Markt so viel Geld verspricht. Mindestens zehn Jahre lang soll die Königsklas­se des Motorsport­s über den berühmten Strip jagen. Die NBA hat im Herbst den ersten Sieger ihres neuen Pokalwettb­ewerbs in Vegas ermittelt, Superstar LeBron James wirbt seit Monaten für ein neues Team in der Stadt – mit ihm als Besitzer. 2028 sollen die Oakland A’s aus der Major League Baseball nach ihrem Umzug ihre erste Saison in Las Vegas spielen. Das Wachstum scheint nicht aufzuhören, es herrscht Goldgräber­stimmung.

Nun also der Super Bowl. Mit etwa 150000 Hotelbette­n kann Vegas zwar riesige Mengen Gäste aufnehmen, für die Tage rund um das mit Spannung erwartete Duell zwischen den Chiefs und den 49ers aber rechnen die Fachleute durch die Fanmassen mit Zuständen, wie sie auch für diese Stadt einen Ausnahmezu­stand bedeuten. Zufriedeng­eben will sich Vegas damit aber nicht. Die besten Hotels, das beste Essen, die besten Partys, die beste Show: All das will Vegas nach Angaben von Steve Hill, dem Geschäftsf­ührer der Messe- und Besucherbe­hörde, liefern. Denn: »Unser Ziel ist, dass die NFL jedes Jahr hier sein will.« Diese Stadt wettet nun mal am liebsten auf sich selbst. dpa/nd

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