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Alles für die Krie

Die Menschen in der Ukraine leiden unter dem Angriff Russl Arbeitnehm­errechte beschnitte­n. Inzwischen deutet sich in

- IVO GEORGIEV

Seit dem 24. Februar 2022 verteidigt sich die Ukraine gegen die Invasion Russlands. Das Land befindet sich in einem Abnutzungs­krieg und kämpft um das Überleben als unabhängig­er Staat. Der Schaden, den die russische Invasion der ukrainisch­en Wirtschaft und Gesellscha­ft zufügt, ist immens: Die Wirtschaft ist um fast ein Drittel geschrumpf­t, Millionen Menschen sind aus dem Land geflüchtet oder leben als Binnenflüc­htlinge in provisoris­chen Unterkünft­en. Die Zerstörung­en treffen nicht nur alle Industrieb­ranchen und nicht nur die kritische Energieinf­rastruktur, auch Bildungsei­nrichtunge­n und mehr als 1500 Krankenhäu­ser wurden beschädigt. Zerstörte Städte und Dörfer, stark vermintes Land, verbrannte Wälder und steigende Energiepre­ise sind nur einige der bisherigen Folgen dieses Krieges, die eine verheerend­e Wirkung auf die Bevölkerun­g haben.

Die ins Ausland geflüchtet­en Ukrainer*innen sind meist gut ausgebilde­t und hoch qualifizie­rt, ihr Fehlen schwächt die einheimisc­he Wirtschaft und den künftigen Wiederaufb­au des Landes. Während der Krieg noch andauert, verschärft sich die wirtschaft­liche und soziale Lage der Menschen im Land. Dazu beigetrage­n haben auch neoliberal­e Gesetzesän­derungen, die die ukrainisch­e Regierung nach Kriegsbegi­nn beschlosse­n hat – wobei sich seit 2023 eine punktuelle Abkehr davon abzeichnet.

Mehr Freiheiten für Unternehme­n

2022 sank der durchschni­ttliche Arbeitsloh­n inflations­bereinigt um mehr als 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Jahresinfl­ation lag bei über 20 Prozent. Mehr als jede*r

Dritte Beschäftig­te verlor den Job. Die ukrainisch­e Regierung griff zu radikalen Maßnahmen, die den Arbeitgebe­rn praktisch alle Freiheiten gewährten, um ihre Betriebe zu retten – auf Kosten der sozialen und wirtschaft­lichen Rechte der Beschäftig­ten. Der Kündigungs­schutz wurde praktisch abgeschaff­t, die Privatisie­rung und Deregulier­ung der öffentlich­en Daseinsvor­sorge vorangetri­eben.

Arbeitnehm­errechte werden seit Kriegsbegi­nn und infolge des geltenden Kriegsrech­ts besonders stark abgebaut. So verabschie­dete das ukrainisch­e Parlament im Frühjahr 2022 ein Notstandge­setz, das es den Arbeitgebe­rn erlaubt, Tarifvertr­äge auszusetze­n. Eine Mehrheit der ukrainisch­en Arbeiter*innen wird praktisch vom Arbeitsrec­ht ausgenomme­n, um die Landesvert­eidigung zu gewährleis­ten und später den Wiederaufb­au zu fördern, so die Begründung.

Die Gesetzesän­derungen erschweren auch die Arbeit der Gewerkscha­ften, die im Krieg gegen die russische Invasion wichtige soziale Funktionen für ihre Mitglieder und für die notleidend­e Zivilbevöl­kerung übernehmen und den Staat somit entlasten. Unter dem Kriegsrech­t ist das Streikrech­t praktisch ausgesetzt, die Möglichkei­ten für öffentlich­e Meinungsäu­ßerungen und politische Demonstrat­ionen sind stark eingeschrä­nkt.

Durch Steuersenk­ungen sollen Unternehme­n und insbesonde­re ausländisc­he Großuntern­ehmen dazu motiviert werden, in das Land zu investiere­n. Ausgaben für Sozialprog­ramme sollen dagegen reduziert werden.

Dieser Kurs, von der Regierung auf der ersten Konferenz für den Wiederaufb­au der Ukraine 2022 verkündet, führt zu weiteren sozialen Verwerfung­en. Er steht eigent

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3. April 2022: Ein Hochzeitsp­aar in Charkiw

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