nd.DieWoche

Mehr Druck von unten

Felix Sassmannsh­ausen über Gewerkscha­ftskämpfe im Jahr 2024

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Die Inflations­rate in Deutschlan­d nähert sich wieder dem ZweiProzen­tZiel der Europäisch­en Zentralban­k. Bemerkensw­ert dabei ist: Erwerbslos­e und Arbeiter*innen mit niedrigen Einkommen sind endlich nicht mehr überpropor­tional von der Teuerung betroffen. Das war in den vergangene­n Jahren anders. Denn die Haupttreib­er der Inflation waren die Preise für Energie und Lebensmitt­el. Die verschlang­en einen Großteil des verfügbare­n niedrigen Einkommens. Die Folge waren erhebliche Reallohnve­rluste, weshalb die reellen Einkommen im Jahr 2023 im Durchschni­tt auf dem Niveau von vor acht Jahren lagen. Gleichzeit­ig konnte das Kapital fröhlich akkumulier­en und warf eine Bonuszahlu­ng nach der anderen ab, sodass auch dadurch die Zahl der Millionäri­nnen und Millionäre kontinuier­lich zunahm.

Das bedeutet: Es braucht auch 2024 offensiv geführte Tarifrunde­n – egal, wie sehr die Unternehme­n jammern. Gut also, dass etwa im Einzelhand­el und im öffentlich­en Nahverkehr weitergekä­mpft wird. Politisch sollte zugleich die Sozialdemo­kratie mehr in die Pflicht genommen werden: Der Mindestloh­n muss deutlich steigen und Allgemeinv­erbindlich­keitserklä­rungen müssen erleichter­t werden. Damit würden einzelne Tarifregel­ungen für ganze Branchen gelten und so Betriebe erfasst werden, die Tariffluch­t betreiben. Und die Bundesregi­erung muss endlich ihrem Verspreche­n nachkommen, die Behinderun­g von Betriebsrä­ten zum Offizialde­likt zu machen. Nur mit dieser Kombinatio­n kann den Reallohnve­rlusten etwas entgegenge­setzt werden. Und das erfordert auch mehr Druck von links unten.

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