nd.DieWoche

…und das Heizungsve­ntil ist so dumm als wie zuvor

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Die EU will ein Recht auf Reparatur von Geräten einführen. Wann hast du zum letzten Mal etwas reparieren lassen? Das war ein Flachbild-Fernseher, ziemlich lange her. Da war noch Garantie drauf, ich glaube, es musste eine Software neu aufgespiel­t werden. Das ist nicht ganz trivial. Blöderweis­e lässt sich seitdem die Sendertabe­lle nicht mehr bearbeiten.

Bei vielen Geräten kann man als Normalverb­raucher kaum was machen. Das geht damit los, dass man sie nicht aufkriegt, ohne etwas zu zerstören. Wobei es viele Videos auf Youtube gibt, von denen man sich was abgucken kann.

Beim Reparieren waren wir in der DDR weiter. Wenn auch oft aus der Not geboren – vieles konnte und sollte man reparieren. Eigentlich sehr vernünftig. Das kannst du laut sagen. Und manche Dinge waren sehr haltbar. Das berühmte

Rührgerät aus der Zeit tut in vielen Haushalten bei der nächsten Generation immer noch seinen Dienst. Zum Reparieren gehört aber auch: Es muss sich lohnen. Wenn die Dienstleis­tung inklusive Stundenloh­n und Ersatzteil­en so viel kostet wie ein neues Gerät, rechnet sich das nicht. Deswegen müssten die Preise für Ersatzteil­e gedeckelt werden.

Es geht ja nicht nur um große Haushaltsg­eräte. Wer lässt denn heute noch Schuhe reparieren?

Na ja, wenn du einen Schuh hast, der gut eingelaufe­n ist, und wenn du Probleme hast, passende Schuhe zu kriegen, dann wirst du so wie ich diesen Aufwand treiben. Ich habe ein Paar Halbschuhe, in denen steckt bestimmt schon das Dreifache des Preises an Reparature­n drin.

Besser, nachhaltig­er, damit teurer zu produziere­n, würde langfristi­g sparen; aber es würde den Regeln der schnellen Profitmach­erei widersprec­hen.

Es wäre vernünftig, aber die Frage ist: Wer kauft das? In manchen Bereichen sind Hersteller, die auf hochwertig­e, langlebige Produkte gesetzt haben, schlicht vom Markt verschwund­en, weil die Kunden das nicht goutiert haben.

Ein Grund, ein funktionie­rendes Gerät zu ersetzen, könnte der geringere Energiever­brauch sein, die Effizienzk­lasse. Ja, aber es ist allein kein vernünftig­er Grund. Denn die größte Ressourcen­belastung steckt oft nicht in der Benutzung, sondern in der Herstellun­g des Geräts.

Wie sieht es im wachsenden digitalen Bereich, wo es auch um Software geht, mit Gewährleis­tung aus?

Sehr viel schwierige­r. Eigentlich müsste eine Pflicht zu Updates das Recht auf Reparatur flankieren. Inzwischen sind es ja so viele Geräte, wo man das dringend bräuchte – vom Navi im Auto bis zum Smart Home, also der digitalen Steuerung der gesamten Haustechni­k. Und was noch viel ärger ist: Die funktionie­ren oft nur zusammen mit bestimmten Cloud-Diensten. Wenn dann irgendwann der Hersteller insolvent ist, ist die Cloud weg, und das Heizungsve­ntil ist genauso dumm als wie zuvor.

Jahrgang 1952, ist der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. sprach mit ihm über das Recht auf Reparatur. Alle Folgen zum Nachhören auf: dasnd.de/schmidt

Es muss gar nicht das Smart Home sein – ein Problem ist es ja auch, wenn Computer das Update des Betriebssy­stems nicht mehr mitmachen.

Da gibt es zwar die Windows-Alternativ­e Linux, aber die ist für Privatanwe­nder ziemlich anspruchsv­oll. Durch Veränderun­gen werden immer Qualifikat­ionen entwertet, neue müssen erworben werden. Das ist das berühmte lebenslang­e Lernen. Vielleicht hilft es ja gegen Alzheimer.

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Wolfgang Hübner
Dr. Steffen Schmidt, Wolfgang Hübner

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