Oase der Rationalität und Spiel mit dem Feuer
Im Gegensatz zu vielen anderen Berufsgruppen sind Mathematikerinnen und Mathematiker hier zu Lande in Presse, Funk und TV kaum präsent. Beispielsweise gibt es nur selten Interviews mit ihnen. Das geschätzte, wohl auch unterschätzte Publikum verpasst dadurch manch feines Aperçu. So etwa diesen in einem Fachblatt eröffneten Blickwinkel von Prof. Christian Hesse (1960*; Stochastiker, Uni Stuttgart): »Mathematik ist eine Oase der Rationalität. Gerade in der heutigen Zeit, in der so viel Irrationalität grassiert und Fake News zu alternativen Fakten erhoben wurden, liefert sie tatsächliche Fakten«.
Wohl dem, der solch Ruhepol hat, und das sogar in eigener Berufswelt. Einer, die täglich Rationalität abfordert, dafür breites Wissen, tiefes Nachdenken und viel Fantasie benötigt. Also Eigenschaften braucht und trainiert, die ebenso für eine rationale Weltsicht nötig sind. Und die im Alltag bei Kurzschlüssen von Politikern und Militärs, Historikern oder auch Journalisten zu professioneller Gegenrechnung herausfordern wie befähigen.
Doch Mathematik als Oase der Rationalität birgt auch Risiken. Sogar große, bedenkliche, kaum kalkulierbare, wenn man beispielsweise an künstliche Intelligenz (KI) denkt. »KI ist ein wenig wie Feuer. Feuer hat auch zwei Seiten: Es ist sehr hilfreich, man kann damit kochen und sich warm halten. Aber man kann auch andere Leute damit verbrennen.« So Prof. Jürgen Schmidhuber (*1963; Direktor bei IDSIA, einem Schweizer KIForschungsinstitut)
in einem Presseinterview. Soweit ziemlich rational, doch etwas irrational geht es dann so weiter: »Ich bin nicht erpicht darauf, dass der Mensch die Krone der Schöpfung bleibt, weil ich das für völlig unrealistisch halte. Wir schaffen mit KI eben etwas, das uns dereinst transzendieren wird«. Irgendwann werde sich KI halt verselbständigen, orakelt er flott weiter. »Klar. Nach mir soll etwas Tolleres kommen. Dazu will ich beitragen. Und das möchte ich noch erleben.«
Besagte Oase der Rationalität bietet also auch Raum für Spiel mit dem Feuer. Vielleicht sollte man Mathematiker und Informatiker dazu etwas öfter interviewen; faustische Fantasien verdienen es, öffentlich gemacht zu werden. Wir wollen das hier an dieser Stelle ab und an
Antworten an spielplatz@nd-online.de oder per Post (Kennwort »Denkspiel«) bis Mittwoch, 21. Februar. Unter den »Richtigen« verlosen wir je Aufgabe einen Buchpreis.
auch versuchen. Und zwar ganz klassisch mit MI, also menschlicher Intelligenz, die wir wie immer ganz spielerisch mit unseren kleinen Mathe- und Logikaufgaben trainieren:
Eine Gleichung lautet ABCD* 23 = DCBA* 32. Die vier Buchstaben stehen für vier unterschiedliche Ziffern, die stets durch den selben Buchstaben ersetzt sind. Mit welchen Ziffern funktioniert die Gleichung?
Ist es aus einer Menge von fünf positiven ganzen Zahlen immer möglich, drei auszuwählen, deren Summe ein Vielfaches von 3 ist?