Alles oder nichts zum Abschluss
Die deutschen Biathleten hoffen auf einen glänzenden WM-Endspurt – und fürchten das nächste Materialproblem
Den ernüchternden Tiefschlag nach dem Zwischenhoch schüttelten die deutschen Biathleten schnell ab und schalteten unter der Frühlingssonne von Nove Mesto für einen strahlenden Endspurt wieder in den Angriffsmodus. »All-In am Wochenende«, forderte Sportdirektor Felix Bitterling mit Nachdruck: »Wir haben da was vor und wollen natürlich auf das Podest.« Es gebe trotz der Enttäuschung im Single Mixed »keinen Grund, Trübsal zu blasen«.
Die drohende historische Pleite hat das Team des Deutschen Skiverbands zwar dank der Medaillen von Benedikt Doll und Janina Hettich-Walz zu Wochenbeginn bereits abgewendet, doch der letzte Eindruck wird für die WM-Bewertung ganz entscheidend sein. »Wir haben schon viele gute Leistungen in den Staffeln gezeigt, da sind wird traditionell stark«, sagte Bitterling vor den beiden letzten Teamrennen an diesem Samstag. Zudem wollen die Deutschen auch am Sonntag »bei den Massenstarts eine Rolle spielen, da gibt es noch mal zwei Chancen«.
Schwächen im warmen Schnee
Im Vordergrund steht allerdings der Staffel-Samstag, für eine positive WM-Bilanz sind dort Medaillen Pflicht. Die mit Doll, Justus Strelow, Johannes Kühn und Philipp Nawrath antretenden Männer standen bei jedem Weltcuprennen dieser Saison auf dem Treppchen. Das war allerdings auch im Vorjahr so; damals versagten aber ausgerechnet beim Großereignis die Nerven. Ein Deja-Vu soll nun mit allen Mitteln verhindert werden. »Es gibt immer eine Chance«, fokussierte der neue Männer-Trainer Uros Velepec lieber den Blick nach oben: Es sei »alles möglich« – sogar ein Angriff auf die auch in Tschechien übermächtig wirkenden Norweger.
Es müsse natürlich wie immer im Biathlon »alles zusammenpassen. Laufen, Schießen und die Ski – dann sind wir mit dabei«, betonte Doll. Doch Letzteres macht weiter
Sorgen. In den Einzeln lief das Material bei etwas kälteren Temperaturen, doch im Single Mixed am Donnerstagabend folgte der nächste Tiefpunkt. Selbst Athleten aus kleineren Biathlon-Nationen wie den USA oder Finnland, die längst nicht über die technischen Mittel und das Personal des deutschen Teams verfügen, rutschten teilweise spielerisch an Justus Strelow und Vanessa Voigt vorbei.
Sowohl Samstag als auch Sonntag soll das Thermometer nun erneut über fünf Grad steigen, dazu droht Regen. Die Strecke in der Vysocina Arena wird sicher wieder weich und tief. »Wir müssen noch mal ein bisschen sprechen«, forderte die am Samstag zusammen mit Franziska Preuß, Hettich-Walz und Selina Grotian startende Voigt. »Fürs Wochenende heißt das gar nichts«, sagte Bitterling fast trotzig nach den Problemen vom Donnerstag. Dabei waren die deutschen Ski bei dieser WM nie konkurrenzfähig bei hohen Temperaturen. Am Freitag testete das neunköpfige Technikerteam daher unter Hochdruck. Schließlich soll die Skiqualität nicht noch einmal große Träume gefährden.
»Die Staffel ist immer ein Mega-Event, da freuen wir uns immer drauf«, betonte Franziska Preuß vor dem nächsten Rennen, in das die Französinnen als klare Favoritinnen gehen werden. Dahinter scheint viel möglich. Das Einzel mit drei deutschen Frauen unter den Top fünf bedeute aber nichts mehr: »Wir müssen uns darauf besinnen, dass die Scheiben nicht von alleine fallen«, betonte die »silberne« Hettich-Walz: »Aber natürlich haben wir nach diesem Wettkampf mehr Selbstvertrauen.«
Doll will noch mal die Hymne hören
Das ist auch gut so, denn Benedikt Doll hat für sein vermeintlich letztes WM-Wochenende der Karriere noch einen Wunsch. »Schön wäre es«, so der 33-Jährige in Tschechien, »wenn eine Deutschland-Hymne läuft. Da habe ich wieder Bock drauf.« Solch ein goldener Schlussakkord würde sicher den Fehlstart und alle Materialsorgen endgültig vergessen machen. SID/nd