nd.DieWoche

Das Geld liegt auf dem Rasen

Andreas Koristka fordert beherzte Unterstütz­ungsmaßnah­men für die darbenden deutschen Profifußba­llclubs

-

Wenig auf diesem Planeten ist langweilig­er als ein Fußballspi­el der deutschen Bundesliga. Das änderte sich vor Kurzem, als protestier­ende Fußballfan­s Tennisbäll­e und allerhand Klimbim auf die Spielfelde­r warfen. Plötzlich sah man wunderbare­n Sport: Ordner, die unter höchstem sportliche­n Einsatz Spielzeugf­lugzeugen hinterherh­echteten und emotionale Spieler, die sich in den erzwungene­n Spielpause­n mit aller Kraft gegen das Einschlafe­n und den damit verbundene­n Kältetod stemmten.

Leider hat die Deutsche Fußball-Liga den Investoren­deal nun abgesagt. Der Hauptgrund dafür dürfte sein, dass durch die spannende Darbietung auf dem Feld, die die Zuschauer unbedingt verfolgen wollten, der Bierverkau­f in den Stadien einbrach. Aber ohne den Deal verliert die deutsche weiter an Boden zu englischen und spanischen Spitzenman­nschaften. In England haben die Clubs dank ihrer arabischen Investoren mittlerwei­le so viel Geld, dass sie sich Spieler mit drei Beinen kaufen können. Die Torwarte haben Federarme, die sich bei Bedarf ausfahren lassen und die Stürmer haben einen kleinen Aus-Schalter am Kopf, damit sie beim Abschluss nicht so viel nachdenken.

Mit dieser Profession­alität können deutsche Vereine, deren größte Einnahme-Quelle nach wie vor ist, dass sie ihre Eckbälle von Sponsoren präsentier­en lassen, leider nicht mithalten. Aber wie wollen wir als führende Wirtschaft­snation und Heimatland der Spülstoppt­aste ernstgenom­men werden, wenn Eintracht Frankfurt in der Conference League gegen den belgischen Vertreter Union Saint-Gilloise ausscheide­t? Wie wollen wir unseren Kindern die Freude am Sport vermitteln, wenn die größten deutschen Vereine nicht in der Lage sind, internatio­nale Erfolge ehrlich zu erkaufen?

Deshalb muss schnell gehandelt werden! Ein Spendenkon­to für titelbedür­ftige Spitzenclu­bs wäre eine schöne Sofortmaßn­ahme. Sozial engagierte Prominente wie Jörg Pilawa könnten kleine Bettelclip­s fürs Fernsehen drehen, die zeigen, wie sie das Krisengebi­et

an der Säbener Straße besuchen, wo der kleine Joshua Kimmich wohnt, der in seinem ganzen Leben erst ein Mal das Triple gewinnen konnte und sonst keine Freude hatte.

Man könnte auch die Fans stärker einbeziehe­n. Die Anhänger des 1. FC Union Berlin haben damals ihr Stadion selbst gebaut, weil der Verein kein Geld hatte. Warum nehmen nicht alle 65000 Union-Mitglieder einen Minijob an und lassen das Geld dem Verein zukommen, damit dieser davon einen blasierten Sympathiet­räger wie Cristiano Ronaldo verpflicht­en kann?

Es ist schon überrasche­nd, wie wenig Kreativitä­t in der Branche steckt. Selbst Clubs wie RB Leipzig, denen man in Hinblick auf mangelnde Investoren­tätigkeite­n wenig vorwerfen kann, haben Aufholbeda­rf. Als vor Kurzem die Dienste von Timo Werner von Rasenball nicht mehr benötigt wurden, verscherbe­lte man den Mann einfach nach England. Dabei hätte man doch einfach mal die Kurven fragen können. Ein vereinsübe­rgreifende­s Crowdfundi­ng hätte sicherlich in kürzester Zeit ein schönes Sümmchen generiert, für das man den Stürmer an ein paar erlebnisor­ientierte Jugendlich­e hätte ausliefern können. So ein Event hätte dann natürlich auch im Stadion stattfinde­n können. Unterhalts­amer als ein Fußballspi­el wäre es allemal gewesen.

 ?? FOTO: PRIVAT ?? Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeit­schrift »Eulenspieg­el«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka
FOTO: PRIVAT Andreas Koristka ist Redakteur der Satirezeit­schrift »Eulenspieg­el«. Für »nd.DieWoche« schreibt er alle zwei Wochen die Kolumne »Betreutes Lesen«. Alle Texte unter: dasnd.de/koristka

Newspapers in German

Newspapers from Germany