Thunfisch weiterhin belastet
Obwohl der Ausstoß von Quecksilber zurückgegangen ist, reichert es sich unvermindert in Raubfischen an
Vor mehr als 40 000 Jahren stellten frühe Menschen in Europa bereits klebrige Verbindungen mehrerer Rohstoffe her, um damit Steinwerkzeuge mit Griffen zu versehen. Ein Forschungsteam unter Leitung der Universität Tübingen und der Staatlichen Museen zu Berlin untersuchte bereits 1907 geborgene Fundstücke aus dem französischen Le Moustier und fand darauf Reste einer Mischung aus Ocker und Bitumen. Die beiden in der Natur vorkommenden Stoffe wurden offenbar in einem Verhältnis kombiniert, das eine formbare Masse mit den richtigen Klebeeigenschaften entstehen ließ. Da Le Moustier zur fraglichen Zeit von Neandertalern genutzt wurde, gehen die Forschenden davon aus, dass das Klebematerial von ihnen produziert wurde. Bislang war die Nutzung von Klebern mit mehreren Komponenten nur von Homo sapiens in Afrika bekannt. nd
Trotz einer deutlich verminderten Quecksilberverschmutzung ist die Belastung von Thunfischen mit dem giftigen Schwermetall seit Anfang der 70er Jahre nahezu gleich geblieben und lag im Durchschnitt bei rund einem Mikrogramm pro Gramm Fisch. In Tiefen von mehr als 50 Metern unter der Ozeanoberfläche sei noch viel Quecksilber abgelagert, das offenbar immer wieder in die Nahrungskette gelange, erläutert eine Forschungsgruppe im Fachjournal »Environmental Science & Technology Letters«. Thunfisch ist weltweit eines der beliebtesten zur Ernährung genutzten Meerestiere.
Der Ausstoß von Quecksilber habe sich vor allem in Europa, Nordamerika und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion seit 1970 stark verringert, schreibt die Gruppe um Anaïs Médieu von der Université de
Bretagne Occidentale in Plouzané (Frankreich). Das giftige Schwermetall kann vom Körper schlecht ausgeschieden werden und reichert sich an: Wenn ein Raubfisch wie der Thunfisch regelmäßig Tiere mit erhöhter Quecksilberkonzentration frisst, sammelt sich der Stoff in seinen Muskeln. Der Ozean habe im Laufe mehrerer Jahrhunderte große Mengen an Quecksilber aufgenommen, das sich über die Nahrungskette weiterhin in Meerestieren anreichere, hier vor allem in Form der hochgiftigen organischen Verbindung Methylquecksilber.
Diese Verbindung kann das zentrale Nervensystem insbesondere von ungeborenen Kindern schädigen, wie es beim Umweltbundesamt heißt. Schwangeren sei vom Verzehr von Thunfisch abzuraten. Auch Säuglinge und Kleinkinder sind hinsichtlich der neurotoxischen Wirkungen besonders gefährdet, weil ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen und das Nervengewebe daher besonders anfällig ist. Zu den möglichen neurologischen Schäden einer hohen Belastung zählen Probleme mit der Motorik, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und andere kognitive Beeinträchtigungen.
Der weltweite jährliche Quecksilberausstoß, unter anderem bei der Verbrennung von Kohle und im Bergbau, lag 1970 bei etwa 3000 Tonnen und sank bis 1980 auf rund 2000 Tonnen, wie das Team schreibt. 2008 kam es allerdings wieder zu einem leichten Anstieg.
Die Wissenschaftler fordern verstärkte Anstrengungen, um den Ausstoß von Quecksilber zu verringern. Zu diesem Ziel war das internationale MinamataÜbereinkommen erarbeitet worden, das 2017 in Kraft getreten ist. dpa/nd