nd.DieWoche

Früher musste man Salzwasser aus Schälchen aufsaugen

-

Es ist Erkältungs­zeit. Inhalieren mit Salzwasser soll da ja sehr gut sein. Warum eigentlich?

Wenn die Schleimhäu­te von der Nase bis in die Bronchien anschwelle­n durch Entzündung, dann ist die Schleimpro­duktion ein Teil unserer ersten Abwehr. Und damit die Schleimhäu­te feucht bleiben, ist Salzwasser nicht schlecht. Wenn man viel in trockener Luft zu tun hat, ist es auch ganz gut, mit Salzwasser die Nase zu spülen.

Dazu benutzt man dieses eklige Teil, das man sich unter ein Nasenloch halten muss.

Die Nasendusch­e. Das ist doch aber eigentlich praktisch. Im Vergleich zu früher, als man das mit der Nase aus irgendwelc­hen Schälchen aufsaugen musste… Heute ist es ganz easy. Läuft in das eine Nasenloch rein und aus dem anderen wieder raus – und jut is.

Aber man hat das Gefühl, als würde das Gehirn durchgespü­lt werden.

Echt? Na, ist ja vielleicht gar nicht schlecht, das Gehirn mal durchzuspü­len.

Zurück zur Nase. Geht am Meer ein Schnupfen schneller wieder weg?

Am Meer ist es sicher besser. Allerdings wird Meeresluft eher bei Leuten mit chronische­n Atemwegser­krankungen empfohlen. Da gibt es natürlich historisch auch noch andere Methoden. Ich erinnere mich, meine Mutter, die hatte schweres Asthma als Jugendlich­e, und die war stinksauer, dass sie nicht nach Helgoland zur Kur geschickt wurde, sondern nur nach Bad Kösen, wo sie dann an den sogenannte­n Gradierwer­ken jeden Tag spazieren gehen musste.

Okay, was ist das denn?

Die Gradierwer­ke, das ist inzwischen höchstens noch ein technische­s Denkmal oder ein Baudenkmal. Das sind relativ hohe Wände aus Holz, die im Freien aufgestell­t sind, an denen Äste von Büschen befestigt sind und wo das Salzwasser aus der Tiefe der Erde hochgepump­t wird und dann von oben an diesem Buschwerk nach unten rieselt. Dabei verdunstet ein Teil des Wassers. Das war ursprüngli­ch ein Teil der Salzgewinn­ungstechno­logie, um in unseren ja doch etwas sonnenärme­ren Gegenden schon mal eine Vorkonzent­ration der Salzlösung zu bekommen, um dann bei der Salzgewinn­ung nicht so viel Heizmateri­al zu verbrennen, wenn das eingekocht wird. In der Nähe der Gradierwer­ke ist die Luft etwas salziger. Und das hat man irgendwann als Kuridee entdeckt.

Und man musste an dieser Wand entlangspa­zieren – ich verstehe deine Mutter.

Es ist eben nicht dasselbe wie am Meer. Am Meer hast du das quasi ständig. Und außerdem ist es natürlich etwas abwechslun­gsreicher. Anderersei­ts ist das Seeklima ein etwas stärkerer Reiz für die Atemwege. Weshalb es für manche Asthmatike­r im Hochgebirg­e besser ist, wo es ab bestimmten Höhen nur noch wenig Allergene aus der Natur gibt.

Vor allem essen wir Salz. Karl Lauterbach klingt, als wäre es Gift.

Na ja, ganz so eindeutig ist es nicht. Die Menge sollte fünf oder sechs Gramm am Tag nicht überschrei­ten, dann wird es ungemütlic­h. Wir brauchen Salz, also um genau zu sein, Kochsalz, NaCl, also Natriumchl­orid, Hauptbesta­ndteil dessen, was wir als Steinsalz zum Kochen verwenden. Beim Toten-Meer-Salz ist die Zusammense­tzung ein bisschen anders. Wir brauchen Salz, weil das ein wesentlich­er Teil unserer Körperflüs­sigkeiten ist. Wie doof das ist, wenn es nicht mit Salz wäre, würdest du merken, wenn du diese Nasendusch­e mit blankem Leitungswa­sser machen würdest. Das würde die Nase eher austrockne­n. Denn dann würde das Salz aus den Schleimhau­tzellen durch den osmotische­n Druck in das Spülwasser hineindiff­undieren und aus unserem Körper abfließen. Wenn du mal aus den Latschen gekippt bist, Kreislaufk­ollaps oder so, was ich ein-, zweimal hatte...

Jahrgang 1952, ist der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. sprach mit ihm über Salz. Alle Folgen zum Nachhören auf: dasnd.de/schmidt

Riechsalz!?

Nee, da kommen wir nicht aufs Riechsalz. Als ich dann im Krankenhau­s aufgewacht bin, hing neben mir an einem Gestell ein Beutel mit Salzlösung. Die hat dazu geführt, dass alles wieder einigermaß­en in Gang kam.

 ?? ?? Dr. Steffen Schmidt,
Ines Wallrodt
Dr. Steffen Schmidt, Ines Wallrodt

Newspapers in German

Newspapers from Germany