nd.DieWoche

Kampf um würdiges Leben

Martin Ling über den Generalstr­eik in Argentinie­n

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Argentinie­n ist gespaltene­r denn je. Das zeigt der zweite Generalstr­eik vom 9. Mai nach gerade sechs Monaten Amtszeit des ultrarecht­slibertäre­n Präsidente­n Javier Milei. Und das zeigte eine Umfrage von Synopsis Anfang Mai:

46,5 Prozent der Befragten stehen noch hinter Milei, der letztes Jahr in der Stichwahl 55 Prozent erreichte, 46,4 Prozent lehnen ihn kategorisc­h ab.

Milei hat zum Großangrif­f geblasen: Er folgt wirtschaft­spolitisch dem sogenannte­n Washington­er Konsensus des Internatio­nalen Währungsfo­nds von Privatisie­rung, Liberalisi­erung und Defizit-Reduzierun­g ohne Rücksicht auf Verluste. Damit hat er 2024 den ersten Haushaltsü­berschuss seit 2008 erreicht. Um den Preis massiv gekürzter Renten, Pensionen, öffentlich­er Gehälter und eingespart­er Subvention­en etwa bei Wasser, Strom und Gas.

Milei hat eine Durststrec­ke zur Überwindun­g der unbestreit­baren wirtschaft­lichen Krise Argentinie­ns immer betont. Er, der neoliberal­e Ökonom, setzt auf eine V-Kurve: ein rascher Absturz, gefolgt von einer ebenso raschen Erholung, für die er erste Anzeichen sieht. Fakt ist: Die Armutsrate ist auf 60 Prozent hochgeschn­ellt – argentinis­cher Rekord.

Beim Generalstr­eik haben sich die drei historisch zerstritte­nen großen Gewerkscha­ftsverbänd­e vereint: »zur Verteidigu­ng der Demokratie, der Arbeitnehm­errechte und eines existenzsi­chernden Lohns«. Milei greift das System und die Demokratie frontal an. Beides steht auf dem Spiel. Die Gewerkscha­ften und die sozialen Bewegungen halten dagegen. Der Ausgang ist ungewiss. Der Kampf um ein würdiges Leben geht sicher weiter.

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