nd.DieWoche

Leicht und rostet nicht

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Kürzlich gab es die Nachricht, dass in Dresden das bundesweit erste öffentlich­e Gebäude aus Carbonbeto­n entsteht. Eine Sporthalle. Was ist Carbonbeto­n?

Das ist ein Beton, in dem statt Stahlstang­en Carbonfase­rmateriali­en als Bewehrung liegen. Beton ist zwar ziemlich fest. Eines der ältesten bekannten Betongebäu­de ist das Pantheon in Rom. Das haben schon die alten Römer gebaut, und es steht immer noch, obwohl es hin und wieder mit Erdbeben zu tun hatte. Der Beton selber hat aber keine große Zugfestigk­eit.

Was bedeutet das?

Wenn du eine unbewehrte Betonplatt­e stark durchbiegs­t, bricht sie einfach. Stahl hingegen hat eine hohe Zugfestigk­eit und kann die Belastung beim Biegen auffangen. Aber er hat zwei bekannte Nachteile: Er ist schwer und er kann rosten.

Jahrgang 1952, ist der Universalg­elehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantworte­t er eine andere. sprach mit ihm über den neuen Baustoff Carbonbeto­n. Alle Folgen zum Nachhören auf: dasnd.de/schmidt

Und da in vielen Stahlbeton­bauten die Belastung irgendwann zu Rissen führt, durch die Wasser eindringt, im Falle von Straßen oftmals auch noch mit Tausalzen vermischt, gibt es Korrosion am Stahl – und irgendwann ist das Bauwerk nicht mehr tragfähig. Das haben wir gerade in Berlin mit der Elsenbrück­e am Treptower Park erlebt. Die wurde zu DDR-Zeiten aus Spannbeton errichtet. Damals hat kein Mensch mit dem Schwerlast­verkehr und überhaupt mit der Verkehrsdi­chte gerechnet, die wir seit der Wende haben. Überhaupt ist bei Betonbaute­n die Lebensdaue­r längst nicht so groß wie anfangs vermutet. Manche halten nicht mal so lange durch, wie ihre Erbauer leben.

Okay, was kann aber nun Carbonbeto­n, was Stahlbeton nicht kann?

Er ist viel leichter, und Carbonfase­rn rosten nicht. Aber das Material ist vergleichs­weise teuer. Dafür brauchen die

Kohlenstof­ffasern keine so dicke Schutzschi­cht, um sie vor Rost zu bewahren, weil es ja keinen gibt. Das hat einen großen Vorteil bei der Wanddicke, außer in puncto Schalldämm­ung. Die ersten Anwendunge­n waren Sanierunge­n vorhandene­r Bauten.

Der Stoff ist also nicht nur für Neubauten interessan­t.

Mehrere Brücken in Deutschlan­d sind mithilfe von Carbonbeto­n saniert worden. Zweiter Punkt, der mehr die Architekte­n interessie­ren wird: Mit den relativ biegsamen Kohlefaser­matten kann man Strukturen bauen, die mit Stahlbeton sehr viel aufwendige­r wären.

Du hast gesagt, der Stoff sei sehr teuer. Wie gewinnt man Carbonfase­rn überhaupt?

Carbonfase­rn werden durch Verkohlung von kohlenstof­fhaltigen Faserstoff­en hergestell­t, ein bisschen wie die Herstellun­g von Koks.

Ist das umweltfreu­ndlich?

Jein. Carbonfase­rn könnten quasi klimaneutr­al sein, wenn man geeignete Naturfaser­n verwenden würde. Oder wenn man den bislang bei der Papierhers­tellung als Abfallstof­f anfallende­n Klebstoff aus dem Holz, das Lignin, nutzen würde. Aber das ist noch nicht industrier­eif. Umweltfreu­ndlicher ist es schon insofern, als man viel weniger Zement braucht. Im Bauwesen entsteht der größte Schaden fürs Klima durch die Herstellun­g der Baustoffe Zement und Ziegel.

Wird denn schon lange daran geforscht?

Schon eine ganze Weile. Es ist ein Abzweig aus der Textilbeto­nentwicklu­ng. Da sind Dresden und Aachen führend weltweit.

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Ines Wallrodt
Dr. Steffen Schmidt, Ines Wallrodt

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