„Es ist immer toll, gemeinsam am Tisch zu sitzen“
Interview mit Rebekka und Marcel Korge: So suchen wir Spiele für unseren Sohn Finn aus
Rebekka (35) und Marcel Korge (43) mögen Brettspiele und spielen diese regelmäßig mit Freunden und Bekannten. Logisch, dass auch ihr Sohn Finn (6) langsam, aber sicher, das Thema für sich entdeckt oder sich von seinen Eltern an die Hand nehmen lässt, gemeinsam Spiele zu spielen. Der Vorschüler hat inzwischen eine Spielesammlung, die sich wie das Who is Who der Kinderspiele liest. Warum sind Brettspiele für die Familie so wichtig, wie entdecken Eltern gute Neuheiten und wo können sie sich informieren, ob ein Spiel zu ihrem Kind passt? Rebekka und Marcel geben im NEMO-Interview zu all diesen Fragen viele nützliche und clevere Tipps.
Was macht für euch die Freude und den Wert des Spielens aus?
Rebekka: Als ich selbst ein Kind war, fand ich es immer toll, dass die ganze Familie sich zusammen an den Tisch gesetzt und gespielt hat. Am schönsten war es tatsächlich, wenn Stromausfall war. Dann haben wir die Karten herausgeholt.
Man kann euch als Spielefamilie bezeichnen, weil ihr beide als Eltern in verschiedenen Spielrunden in Leipzig spielt. Wie spielt ihr mit Finn?
Rebekka: Finn spielt sehr gern frei. Um ihm aber auch Struktur zu geben, spielen wir mit ihm Brettspiele. An einem Spieletag darf sich zum Beispiel jeder von uns ein Spiel aus Finns Fundus aussuchen. Finn hat schon einen ganzen Schrank voller Spiele. Vielleicht will dann ich mal „Lotti Karotti“spielen, Finn„Tempo, kleine Fische“, Marcel „Stone Age Junior“. Und„Uno“kommt auch noch auf den Tisch. Wir spielen einmal die Woche mit Finn zusammen Brettspiele. Manchmal zweimal.
Marcel: Wir haben auch einen festen Oma-Tag, und wenn Oma da ist, wird gespielt.
Rebekka: Ich finde es sehr schön, dass Finn mir inzwischen auch schon Spielregeln erklärt, zum Beispiel wenn er dieses Spiel aus dem Kindergarten kennt.
Marcel: Finn hat auch immer mal wieder gesehen, dass
wir „Flügelschlag“spielen (Anmerkung der Redaktion: Kennerspiel des Jahres 2019 rund um 900 Vogelarten). Das ist ein Lieblingsspiel von Rebekka und mir. Wir haben für ihn eigene Regeln erfunden, die die Originalregeln ordentlich runterbrechen, und spielen „Flügelschlag“mit ganz einfachen Kinderregeln.
An der erlesenen Sammlung von Finn haben bestimmt auch die Eltern Schuld …
Rebekka (lacht): Genau!
Wie bringt ihr Finn das Thema Spielen näher? Marcel:
Wir haben Finn ab etwa drei Jahren ganz langsam an einfache Brett- und Kartenspiele herangeführt. Wobei er jetzt mit sechs Jahren noch in einem Alter ist, in dem er eher frei spielt und viel malt und bastelt. Wenn wir sein Toben mal etwas runterfahren wollen, schlagen wir ihm ein Brettspiel vor. Er ist dann auch sofort dabei und spielt gern mit. Wir merken, dass er dabei schon Präferenzen hat. Es wird mit jedem Jahr mehr, dass er Brett- und Kartenspiele mag.
Wie wählt ihr Spiele für Finn aus? Rebekka:
Ich wähle Spiele nach der Optik aus, das mache ich auch bei den Erwachsenenspielen so. Sie müssen Finn natürlich Spaß machen, und das Thema muss ihm gefallen. Ich überlege mir außerdem, was ich selbst als Kind gern gespielt habe. Mit meiner Oma habe ich viel Kartenspiele gespielt, zum Beispiel Canasta und Rommee, mit meinen Eltern Doppelkopf.
Marcel: Ich schränke die Spiele zunächst mal nach der Altersempfehlung ein. Ich würde aber keine Spiele für
Finn kaufen, die niedriger als sein Alter eingestuft sind.
Die Spiele für Kinder sind relativ schnelllebig. Bei Spielen für Erwachsene spielt das keine Rolle. Gute Spiele spielt man jahrzehntelang. Kinderspiele bleiben nur zwei bis drei Jahre angesagt, bis auf ein paar Ausnahmen. Wir orientieren uns bei der Auswahl eher nach oben, bis zu 8 Jahren, weil viele dieser Spiele für ihn bereits jetzt interessant und spielbar sind. Optik spielt auch eine Rolle. Rebekka und ich wissen, welche Themen ihn interessieren oder worauf er sofort anspringt. Wenn es Themen wie „Entdecker“oder „Dinosaurier“sind, würde er sich schneller angesprochen fühlen als bei Themen, die sehr weit weg für ihn liegen. Wenn mir die Spielmechanik noch dazu gefällt, dann kommt es in die engere Wahl. Wenn die Mechanik aber plump ist oder ich denke, es könnte ihn überfordern, dann fällt es natürlich flach. Letztlich spielt auch der Preis eine Rolle.
Entscheidet ihr auch mal gemeinsam mit Finn, welches Spiel ihr für ihn holen wollt?
Rebekka: Tatsächlich nicht.
Marcel: Das Problem ist: Wenn wir zum Beispiel eine Postwurfsendung mit einem Katalog haben, in dem Spiele vorgestellt werden, und wir schauen den gemeinsam durch, dann würde Finn bei 90 Prozent der Spiele darauf zeigen und sagen, dass er es haben will.
Also ist das Aussuchen von Spielen Elternsache? Marcel:
Finn hat natürlich ein Mitspracherecht, das ergibt sich allein ja schon dadurch, dass er uns Zeichen gibt, welche Themen ihn interessieren. Und wir nehmen die Erfahrungen aus den Spielen mit, die er bereits spielt. Er wünscht sich tatsächlich noch keine Brettspiele, sondern eher Lego und anderes Spielzeug. Finn hat allerdings auch wenig Kontakt zu Werbung, vor allem nicht im Fernsehen. Wenn wir etwas mit ihm schauen, dann in Mediatheken.
Legt ihr bei der Auswahl für Kinderspiele Wert auf Holz, oder ist auch Plastik okay?
Marcel: Mein Schwager legt sehr viel Wert auf Holz und schadstofffreie Farben. Für uns ist Holz kein prioritärer Faktor bei der Auswahl. Spiele, die Rebekka und ich gern spielen – zum Beispiel „Flügelschlag“–, pimpen wir aber auch mal. Dafür habe ich Pappmarker und Plastikteile durch hochwertige Spielelemente aus Holz ersetzt. Beim Kinderspielzeug vertraue ich darauf, dass keine umwelt- oder gesundheitsschädlichen Stoffe verwendet werden. Finn hatte allerdings auch nie eine Phase, in der er Spielzeug in den Mund gesteckt hat. Vielleicht haben wir deshalb nie groß darauf geachtet.
Wo informiert ihr euch über Neuheiten?
Rebekka: Ich wühle mich schon mal durch Prospekte oder schaue mir die Spielewarenregale an, wenn ich in einem Laden shoppe. Da entdecke ich vielleicht mal ein Spiel, das interessant aussieht. Dann lese ich mir die
Bewertung durch, aber ich verfolge das nicht näher. Spiele aussuchen macht eher Marcel.
Marcel: Ich hatte neulich drei Spiele, die mich für Finn interessiert haben. Die Nachricht hatte ich Rebekka und meiner Mutter geschickt, als Tipp für Weihnachten. Zuvor habe ich meine Quellen genutzt. Ich habe bei YouTube zwei Kanäle abonniert, den„Spiele-Blog“und„Hunter & Friends“, von denen ich mir Popup-Nachrichten kommen lasse. Außerdem schaue ich für Finn oder mich in unregelmäßigen Abständen die eBay-Kleinanzeigen einfach mal durch. Wenn ich dort mir unbekannte Spiele sehe, gehe ich wieder den Weg ins Internet für Beschreibungen, Wertungen und Regelerklärungen. Bei Kinderspielen ist der Gebrauchtmarkt wirklich interessant, weil sie so schnelllebig sind.
Tauscht ihr euch für Spieletipps auch mit anderen Eltern aus? Rebekka:
Kürzlich war eine Freundin zu Besuch mit ihrer Tochter, die das Spiel „Schnappt Hubi!“gern spielt. Davon hat sie richtig geschwärmt. Irgendwann hat Marcel es dann aus einer Haushaltsauflösung gekauft, weil er auch noch eine Empfehlung dafür aus einem seiner YouTubeKanäle erhalten hatte. Und richtig: Es ist wirklich gut!
Das Digitale hilft euch also beim Analogen? Marcel:
Mir auf jeden Fall, das Internet ist im Prinzip meine Hauptinformationsquelle für neue Brettspiele, gerade die„Let’s play“-Videos, oder die Regelerklärungen. Es gibt außerdem die Unboxing-Videos, in denen beim Auspacken geschaut wird, was in einem Spielekarton steckt. Vor 10 oder 15 Jahren gab es das noch nicht, da ging vieles über Mund-zuMund-Propaganda. Ich tausche mich zwar auch mit anderen Eltern im Freundeskreis aus, aber mache das nicht so häufig wie das Schauen von Videos.