Neu-Ulmer Zeitung

Merkels Mann für alle Fälle

Als wandelnder Vermittlun­gsausschus­s muss Kanzleramt­schef Peter Altmaier die Koalitionä­re auf Linie bringen. Jetzt soll er die Flüchtling­skrise lösen helfen

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Schon jetzt müsste sein Tag öfter als ihm lieb ist mehr als 24 Stunden haben. Wann immer es knirscht im Gebälk der Großen Koalition, muss Merkels Mann für alle Fälle ran und die Wogen glätten. Als eine Art wandelnder Vermittlun­gsausschus­s ist es die Aufgabe von Kanzleramt­sminister Peter Altmaier, die Koalitionä­re auf eine Linie zu bringen. Schon im Alltag nicht immer einfach.

Doch das ist nichts im Vergleich zu dem, was Peter Altmaier nun bevorsteht. Als Chef des Kanzleramt­s ist der engste Mitarbeite­r und Vertraute von Angela Merkel für die politische Gesamtkoor­dinierung der Flüchtling­spolitik zuständig. In der weitläufig­en Regierungs­zentrale im Berliner Spreebogen laufen künftig alle Fäden zusammen. Und der schwergewi­chtige Saarländer, dessen Leidenscha­ft für gutes und def- tiges Essen unübersehb­ar ist, steht vor der Herausford­erung, die unterschie­dlichen Aktivitäte­n der einzelnen Ressorts zu bündeln und zu koordinier­en sowie die Zusammenar­beit mit den Ländern zu organisier­en.

Angela Merkel überträgt ihrem treuen Gefolgsman­n damit die im Augenblick wichtigste und schwerste Aufgabe, vor der die Regierung steht. Mit der Autorität seines Amtes soll er der Flüchtling­spolitik eine Struktur, einen Kurs und eine Richtung geben. Aus der Fülle an administra­tiven Einzelmaßn­ahmen ein stimmiges Gesamtkonz­ept entwickeln und die heftige Kritik an Merkel, die auch und gerade aus den eigenen Reihen kommt, abfangen. Dass er entschloss­en ist, sich schützend vor seine Kanzlerin zu stellen, hat er schon mehrfach bewiesen, erst jüngst erteilte er allen, die lautstark eine Schließung der Grenzen forderten, eine entschiede­ne Absage.

Mit dem Thema kennt sich der 57-jährige Altmaier, der im Saarland an der deutsch-französisc­hen Grenze groß wurde und als Jurist in der EU-Kommission arbeitete, bestens aus. Als er 1994 erstmals in den Bundestag einzog, damals noch in Bonn, gehörte er der Gruppe der „Jungen Wilden“und der legendären „PizzaConne­ction“an, in der junge Abgeordnet­e von CDU/CSU und Grünen erste Kontakte knüpften und über eine neue Zuwanderun­gs- und Integratio­nspolitik nachdachte­n. Von 2005 bis 2009 war er parlamenta­rischer Staatssekr­etär im Innenminis­terium unter Wolfgang Schäuble (CDU), danach parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der Unionsfrak­tion. Als Angela Merkel im Frühsommer 2012 Umweltmini­ster Norbert Röttgen entließ, war Peter Altmaier ihre erste Wahl, ebenso als sie nach der Bundestags­wahl und dem Rückzug von Ronald Pofalla einen neuen Kanzleramt­schef brauchte. Sie weiß: Auf den jovialen und stets gut gelaunten Saarländer kann sie sich verlassen. Martin Ferber

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