Blatter weg – und jetzt?
Die große Frage in der Sache Josef Blatter war ja schon lange nicht mehr, wie selbstherrlich und korrupt der Schweizer sein Fußballreich Fifa führt. Die Frage war, auf welchem Weg ließe sich der Patron vom Sockel stoßen, ohne dass er dabei körperlich Schaden nimmt. US-Strafverfolger hatten es versucht. Weil Blatter die Schweiz aber nur noch auf sicheren Wegen verließ, war er für die Amerikaner nicht zu fassen. Danach haben Schweizer Staatsanwälte am Blatter-Thron gerüttelt, zuletzt die großen Fifa-Sponsoren seinen Rückzug gefordert. Der 79-Jährige hat alle und alles abgeschüttelt.
Dass Blatter nun durch die hausinterne, bislang eher als zahnlos geltende Ethik-Kommission auf Eis gelegt wurde, nährt die Hoffnung, dass im Fußball-Weltverband doch noch eine Reinigung von innen stattfinden könnte. Dass die Moralwächter auch gleich noch Michel Platini, den aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge, kaltgestellt haben, muss jeder begrüßen, der das korrupte System der Fifa satt hat. Mag Platini das Amt auch weiter anstreben – er ist aus dem Rennen.
Paradox ist die Geschichte dennoch. Schließlich war die Fifa in den 17 Jahren Blatter-Herrschaft ein geschlossener Kreislauf, in dem Geld, Macht und Einfluss auf abstoßende Art verknüpft waren. Blatter hat den Weltverband zu einem Milliardenunternehmen entwickelt, Patronage und Kungelei zum eigenen Machterhalt befördert, zumindest toleriert. Der smarte Walliser zog die Fäden, gestützt von einem System, in dem die Stimme des sechs Millionen Mitglieder starken Deutschen Fußball-Bundes genauso viel zählt wie die von Burkina Faso. Nur dass die Afrikaner schon für kleines Geld zu kaufen waren.
Es ist gute Fifa-Tradition, Milliardenprojekte wie Weltmeisterschaften durch Geldkuverts, die unter Hoteltüren geschoben wurden, zu vergeben. Den Zuschlag erhält dann nicht der geeignetste Bewerber, sondern der mit dem dicksten Kuvert – mag die WM dafür in sommerheißer Wüste spielen. Die Weltmeisterschaft 2022 in Katar ist bis heute der Gipfel des Absurden – und Beleg für den Irrwitz, mit dem die Fifa den Weltfußball regiert.
Nun ist der Schweizer weg – und das nächste Problem da. Es fehlt ein glaubwürdiger Kandidat für die Nachfolge. Diejenigen, die es ins Amt drängt, sind zu schwach oder selbst belastet. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der eine gute Wahl wäre, hat abgewunken.
Dass Übergangspräsident Issa Hayatou unter Korruptionsverdacht steht und nachrückt, weil er ältester Blatter-Vertreter ist, zeigt, wie gefangen die Fifa in ihren eigenen Ketten ist. Ein Ende der Blatter-Herrschaft verlangt nach erheblich mehr als nur einer Fifa ohne Blatter.