Wo Ehrenamt an seine Grenzen stößt
Über 100 Freiwillige diskutieren im Neu-Ulmer Rathaus über Sinn und Unsinn eines gesamtstädtischen Helferkreises – und äußern einen klaren Wunsch
Neu-Ulm Damit hatten die Verantwortlichen im Neu-Ulmer Rathaus offensichtlich nicht gerechnet. „Wir sind überwältigt“, sagten Dritte Bürgermeisterin Rosl Schäufele und Fachbereichsleiter Ralph Seiffert unisono, als sie am Mittwochabend die erste Sitzung eines – die ganze Stadt umfassenden – Asyl-Helferkreises eröffneten. Mehr als 100 Freiwillige waren in den großen Sitzungssaal gekommen und setzten schon damit ein beeindruckendes Zeichen, wie groß die Hilfsbereitschaft in Neu-Ulm in Zeiten der Flüchtlingskrise ist.
Doch schnell wurde im Laufe der zweistündigen Veranstaltung deutlich: Allein mit einem Treffen ist es längst nicht getan. Während die Stadtverwaltung den Abend für ein erstes Kennenlernen, Austauschen und Überblick verschaffen nutzen wollte, wuchs bei vielen Ehrenamtlichen bald die Ungeduld. „Wir wollen was tun, fangen wir endlich an“, lautete ein oft geäußerter Wunsch aus dem Publikum. Andere der Besucher sind bereits seit Wochen, Monaten, sogar Jahren in der Asylhilfe aktiv, haben Teestuben, Sprachkurse oder Freizeitangebote für Flüchtlinge auf die Beine gestellt. Viele von ihnen fühlen sich regelmäßig im Stich gelassen – von der Stadt, dem Landratsamt, den Behörden. Ihnen fehlte eine übergreifende Koordination der einzelnen Angebote und Helfer.
Zwei Welten prallen aufeinander
So prallten am Mittwochabend mehrere Welten aufeinander, die es nun zusammenzubringen gelte, erklärte Ralph Seiffert. Während es in kleineren Gemeinden noch einfacher sei, alle freiwilligen Helfer unter einen Hut zu bringen, sei das in einer Stadt der Größe Neu-Ulms eine enorme Herausforderung. „Uns ist bewusst, dass wir da ein sehr dickes Brett bohren müssen, aber wir wollen es mit ihrer Hilfe angehen.“So wollen er und seine Sekretärin Inga Hanewinkel, die seit Beginn des Jahres neben ihrer normalen Arbeit die Informationsstelle Flucht und Asyl im Rathaus leitet, in den kommenden Wochen ein Konzept erarbeiten. Welche Strukturen braucht ein Helferkreis, der mehr als 100 Menschen umfasst? Welche Hilfe brauchen die mittlerweile 650 Flüchtlinge im Stadtgebiet? Was gibt es schon? Wie kann all das miteinander vernetzt werden?
Eine Idee, die Seiffert und Hanewinkel am Mittwoch vorstellten, erntete sogleich heftige Kritik. Aus den Reihen der Ehrenamtlichen solle sich ein Gesamtkoordinator finden, der mit zwei Stellvertretern als Kopf des Neu-Ulmer Helferkreises fungiere. „Das wird nicht funktionieren. So eine Aufgabe ist für einen Ehrenamtlichen viel zu groß“, kam als Rückmeldung aus dem Publikum – gepaart mit dem Wunsch nach einem hauptamtlichen städtischen Asyl-Koordinator.
Eine solche Stelle gebe es im Rathaus schlichtweg (noch) nicht, betonte Seiffert. Und das aktuelle Personal könne so eine umfassende Aufgabe nicht „nebenher“leisten. Zudem sei immer noch primär das Landratsamt für das Thema Asyl zuständig: „Wir als Stadt machen all das hier auch schon freiwillig. Wir sehen uns da durchaus in der Pflicht, brauchen aber ihre Unterstützung.“Die Verwaltung werde nun bis zu einem nächsten Treffen in „drei bis vier Wochen“die Anregungen der Helfer aufnehmen, strukturieren und Vorschläge für das weitere Vorgehen machen.