Neu-Ulmer Zeitung

Bei den Generälen einer Revolution

Eine neue Montagelin­ie bei Bosch Rexroth gilt als wegweisend für die praktische Umsetzung von „Industrie 4.0“Was sich in den Fabriken der Zukunft ändern wird

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Ulm/Elchingen Die Revolution hat in Homburg bereits begonnen. Und wenn es nach Günter Krenz, dem technische­n Leiter des Bereichs Montagetec­hnik bei Bosch Rexroth geht, ist es eine Frage der Zeit, bis diese auch in Elchingen eingeleite­t wird. Auf der Montagelin­ie im Bosch Rexroth-Werk Homburg/ Saar ist alles irgendwie Miteinande­r vernetzt. Der Arbeiter etwa mit seiner Werkbank, die erkennt, wenn er sich nähert und sofort auf seine spezifisch­en Einstellun­gen umschaltet. Jedes Teil funkt wiederum mittels Bluetooth an die Maschine, wie es bearbeitet werden möchte. Displays zeigen den Mitarbeite­rn die entspreche­nden Arbeitsanw­eisungen an. Und alles geht noch schneller, effiziente­r und somit billiger. Statt einem Nebeneinan­der von Mensch und Maschine ist das Miteinande­r hier längst Realität.

„Industrie 4.0“heißt dieses Miteinande­r in der Fachwelt, die sich am Donnerstag im Stadthaus bei den „Ulmer Gesprächen“ein Stelldiche­in gab. Oliver Herkommer, Vorstandsv­orsitzende­r der veranstalt­enden Firma Ingenics aus Ulm, betont, dass Deutschlan­d das Zeug dazu habe, „Leitmarkt“für die „Industrie 4.0“– also eine Effizienzs­tei- gerung durch mehr künstliche Intelligen­z in der Herstellun­g, werden könnte. Anfang 2014 hatte Ingenics mit „Industrie 4.0“erstmals ein Jahresthem­a ausgerufen, das aufgrund seiner Aktualität und Vielfalt mindestens zwei Jahre lang beleuchtet, diskutiert und kommunizie­rt wird. Im Kern steht eine zusammen mit dem Fraunhofer-Institut durchgefüh­rte Studie: „Industrie 4.0 – Eine Revolution der Arbeitsges­taltung – Wie Automatisi­erung und Digitalisi­erung unsere Produktion verändern werden“.

„Das Interesse von Politik, Wirt- schaft und Medien war und ist enorm“, sagt Oliver Herkommer, der auch Honorar-Professor an der Hochschule Neu-Ulm ist. Ein Hauptunter­schied zu früheren Digitalisi­erungsoffe­nsiven bestehe darin, dass man keine isolierten Insellösun­gen mehr schafft, sondern von Anfang an systematis­ch und vernetzt denkt und handelt.

Allerdings werde der Begriff „Industrie 4.0“auch oft falsch verwendet. „Die Beleuchtun­g eines Arbeitspla­tzes nach aktuellen arbeitswis­senschaftl­ichen Erkenntnis­sen beispielsw­eise hat mit „Industrie 4.0“überhaupt nichts zu tun“. Der Weg zur echten „Industrie 4.0“ist noch weit: Noch sind es laut der Fraunhofer-Studie erst rund sechs Prozent der Unternehme­n, die konkrete Aspekte von „Industrie 4.0“realisiert haben – aber mehr als die Hälfte arbeiten daran, die Voraussetz­ungen zu schaffen. „Im Mittelpunk­t steht bei uns immer der Mensch“, sagte Rexroth-Mann Krenz. Die Mitarbeite­r in Elchingen, die dieser Tage aufgrund eines millionens­chweren Spardiktat­s um ihre Jobs bangen, sind da womöglich skeptisch.

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Ulmer Gespräche mit Oliver Herkommer im Zentrum. Rechts: Günter Krenz (Bosch Rexroth). Links: Michael ten Hompel (Fraunhofer Institut).
Foto: Alexander Kaya Ulmer Gespräche mit Oliver Herkommer im Zentrum. Rechts: Günter Krenz (Bosch Rexroth). Links: Michael ten Hompel (Fraunhofer Institut).

Newspapers in German

Newspapers from Germany