Dauerzoff um Spielplatz: Stadt stärkt Kirche den Rücken
Seit Jahren klagt eine Ludwigsfelderin gegen benachbarten Kindergarten und dessen Sportplatz. Nun wurden „Spielregeln“beschlossen. Neuer Ärger ist vorprogrammiert
Neu-Ulm Es wird gestritten, geklagt, geurteilt und reichlich geschimpft. Und das seit vier Jahren. Der Fall füllt mittlerweile locker mehrere Aktenordner. Im Rathaus. Am Verwaltungsgericht. Und bei den beiden Streithähnen: der evangelischen Andreasgemeinde in Ludwigsfeld und einer Anwohnerin, die sich vom Lärm spielender Kinder, Jugendlicher und Erwachsener gestört fühlt. Seit 2011 klagt sie schon gegen den benachbarten Kindergarten und einen Allwetter-Sportplatz, der von der Gemeinde genutzt wird. Nun haben Neu-Ulmer Stadträte eine folgenschwere Entscheidung getroffen – der Ärger ist damit aber vermutlich noch lange nicht ausgestanden.
Denn mit ihrem Beschluss erlaubten die Mitglieder des Ausschusses für Hochbau und Bauordnung der Kirchengemeinde, wie und wann sie bestimmte Plätze und Räume nutzen darf. So können Kinder beispielsweise täglich von 7 Uhr bis 22 Uhr auf dem Allwetterplatz spielen, im „Andreascafé“darf die ganze Nacht lang gefeiert und 18-mal im Jahr auf dem ganzen Areal der Kirchengemeinde ein Gemeindefest abgehalten werden.
Wie nachbarfreundlich diese Nutzungszeiten (siehe Infokasten) sind, ist eine Frage der Perspektive. Das befürchteten zumindest einige der Stadträte, die sich in der Sitzung am Donnerstag reichlich schwertaten, dem Antrag der Kirchengemeinde sofort zuzustimmen.
„Ich habe kein Verständnis für Bürger, die überhaupt keinen Kinderlärm in der Nachbarschaft haben wollen. Ich verstehe aber durchaus die Bedenken, wenn es um so umfangreiche Nutzungszeiten geht“, sagte Mechthild Destruelle von den Grünen. Sie schlug daher vor, die Entscheidung zu vertagen, um ein schlichtendes Gespräch zwischen den „offenbar verhärteten Fronten“zu führen und einen Kompromiss zu finden. Zustimmung fand sie mit ihrer Idee bei allen Fraktionen – außer der CSU.
Deren Sprecherin Waltraud Oßwald erklärte, dass es die Aufgabe der Stadträte sei, „auch mal unangenehme Entscheidungen zu treffen“. Gespräche seien in diesem Fall bereits genug geführt worden: „Ich glaube nicht, dass ein weiteres helfen würde.“Weil sich schlussend-
lich auch die Dritte Bürgermeisterin Rosl Schäufele (SPD) dieser Meinung anschloss, wurde der GrünenAntrag auf Vertagung denkbar knapp mit 6:7 abgelehnt. Die neuen Nutzungszeiten wurden danach bei nur zwei Gegenstimmen abgesegnet. Mit dem Beschluss der Stadträte wird nun das Verwaltungsgericht in Augsburg aller Voraussicht nach die drei noch ausstehenden Klagen der Nachbarin ad acta legen. Ob diese sich damit abfinden kann, ist al-
lerdings mehr als fraglich. Schon jetzt hat sie nach eigenen Angaben deutlich mehr als 10 000 Euro in den Rechtsstreit gesteckt.
Offener Brief an den Landesbischof
Zudem wandte sie sich erst vor wenigen Wochen mit ihrem Anliegen an den Landesbischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern. In einem offenen Brief klagte sie ein „abwertendes, feindseliges und un-
lauteres“Verhalten des Pfarrers der Andreasgemeinde an und damit eine Missachtung der Zehn Gebote. In einem Fernsehinterview habe Pfarrer Ernst Sperber Halb- und Unwahrheiten verbreitet, um sie als „notorische Querulantin“darzustellen und „die ganze Region gegen mich aufzubringen“. Sie, die lediglich von ihren ihr zustehenden Rechten Gebrauch mache, sei „entsetzt über eine solche Vorgehensweise“.