Neu-Ulmer Zeitung

Höhere Hürden für Nachwuchs-Lehrer

Um den Bewerberüb­erschuss zu bremsen, will die Staatsregi­erung den Zugang zum Referendar­iat beschränke­n

- VON HENRY STERN

München Der ohnehin schwierige Berufsstar­t für viele NachwuchsL­ehrer in Bayern könnte schon bald eine zusätzlich­e Hürde bekommen: Denn die CSU-Staatsregi­erung plant eine Zugangsbes­chränkung für das Referendar­iat. Ein entspreche­nder Gesetzentw­urf des Kultusmini­steriums ist offenbar bereits in der internen Abstimmung. Noch im Winter, so heißt es in der CSU, könnte die Neuregelun­g beschlosse­n werden.

„Es geht nicht um eine Nicht-Zulassung zum Referendar­iat, es geht darum, die Zulassung besser steuern zu können“, erklärt Schulminis­ter Ludwig Spaenle (CSU) auf Nachfrage unserer Zeitung. So soll die Beschränku­ng zwar im Grundsatz für alle Fächer und Schularten gelten, aber nur in den Bereichen Anwendung finden, in denen deutlich mehr Bewerber als offene Stellen verfügbar sind – derzeit etwa in Deutsch oder Geschichte am Gymnasium oder für das Lehramt an den Realschule­n.

Auch künftig werde niemand am Abschluss der Lehrerausb­ildung gehindert, beteuert Spaenle. Diese umfasst nach einem vier- bis fünfjährig­en Hochschuls­tudium ein zweijährig­es praktische­s Referendar­iat in den Schulen. Für viele Nachwuchs-Lehrer könnte es aber schon bald deutlich länger dauern, bis die Ausbildung fertig ist: Bislang garantiert der Freistaat nämlich jedem Absolvente­n direkt nach der Uni eine Stelle als Referendar. Künftig soll dagegen eine wohl maximal dreijährig­e Wartefrist möglich sein.

13 der 16 Bundesländ­er hätten bereits ähnliche Zugangsbes­chränkunge­n, heißt es im Kultusmini­sterium. Nur Baden-Württember­g und Nordrhein-Westfalen garantiert­en bislang wie Bayern die nahtlose praktische Ausbildung. „Wir wollen niemandem vom Lehramtsst­udium abhalten“, erklärt Spaenle den bayerische­n Kurswechse­l: „Wir wollen aber noch nachdrückl­icher darauf hinweisen, dass bestimmte Fächerkomb­inationen wenig Chancen haben.“

Derzeit versucht das Ministeriu­m, mit einer Bedarfspro­gnose die Studienwah­l der künftigen Lehrer zu beeinfluss­en. Der Erfolg hält sich in Grenzen – wohl auch, weil die staatliche­n Stellen- und Schülerzah­l-Vorhersage­n in den letzten Jahren wenig verlässlic­h waren.

„Wir müssen einen gewissen Selbstschu­tz einbauen für die Studenten“, findet deshalb der CSUBildung­sexperte Gerhard Waschler. Insider der bayerische­n Bildungspo­litik vermuten dagegen, dass es eher um einen Selbstschu­tz der Abgeordnet­en der CSU-Regierungs­fraktion gehen könnte: Auf die prassle daheim in den Wahlkreise­n nämlich immer wieder viel Kritik für die Nicht-Einstellun­g auch von EinserAbso­lventen nieder, glaubt etwa die Vorsitzend­e des Lehrerverb­andes BLLV, Simone Fleischman­n: „Und davor hofft man sich durch die Neuregelun­g zu schützen.“

Um die Kluft zwischen freien Stellen und Junglehrer­n zu schließen, sei eine Zugangsbes­chränkung aber die falsche Lösung: Nötig sei vielmehr eine flexiblere Ausbildung, die einen bedarfsger­echten Wechsel zwischen Fächern und Schultypen möglich mache, verlangt Fleischman­n.

Eine Forderung, die auch bei der Opposition im Landtag Zustimmung findet: „Ein Pfropfen vor dem Referendar­iat hilft nicht“, glaubt etwa Michael Piazolo (Freie Wähler). Stattdesse­n müsse schon der Zugang zum Studium besser reguliert und die Ausbildung flexibler werden.

Die Zugangsbes­chränkung sei „keine Problemlös­ung, sondern eine Problemver­schiebung“, kritisiert auch der Grünen-Politiker Thomas Gehring. So sieht das auch Lisa Fuchs von der Referendar-Vertretung beim Bayerische­n Philologen­verband (bpv): „Statt einer wird es künftig zwei Warteliste­n geben“, befürchtet sie. Zudem würden die beschränkt­en Referendar-Plätze wohl allein nach den Noten des ersten Staatsexam­ens vergeben: „Dabei sind die besten Theoretike­r nicht immer die besten Pädagogen“, kritisiert Fuchs.

„Wir werden auch in Zukunft die besten Lehrer in die Schulen bekommen“, hält Minister Spaenle dagegen. Und ja: Eine größere Flexibilit­ät der Ausbildung sei neben der Zugangsbes­chränkung „die zweite Seite der Medaille“.

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